Eine Radtour zur Hamburger Hallig

von Volker Schmidt

 

Mit dem Auto nach Lüttmoorsiel

Eine Ecke Nordfrieslands, in der wir im Urlaub immer wieder zu finden sind, ist die Hamburger Hallig. Man kann sie mit Auto und Fahrrad zwar bequem vom Sönke-Nissen-Koog aus erreichen, es geht aber auch anders. Im Jahr 2006 haben wir eine neue Variante ausprobiert: eine Radtour ab Lüttmoorsiel. Damit vermeidet man zum einen den Frust über den meist vollen Parkplatz an der Hallig und erspart sich zum anderen die markigen Sprüchen mancher Autofahrer über die Einparkkünste anderer.

Beltringharder Koog, © 2006 Volker SchmidtSüdlich von Bredstedt zweigt bei Borsbüll von der B5 eine Straße in Richtung Reußenköge ab. Durch den Sophien-Magdalenen-Koog und den Desmerciereskoog gelangt man dann in den Cecilienkoog. Vor dem Seedeich knickt die Straße scharf nach rechts ab. Ein Abzweig führt geradeaus über den Deich in das Naturschutzgebiet Beltringharder Koog (Foto links). Wenn man der Straße folgt, gelangt man nach Lüttmoorsiel. Allerdings sollte man nicht zu schnell fahren, denn die Straße hat ganz ordentliche (gewollte) Bodenwellen, die schon manches Auto kräftig zum Hüpfen gebracht haben. In Lüttmoorsiel stellt man dann den Wagen ab,

... und weiter geht es auf dem Drahtesel

GSchaf auf dem Weg zur Hamburger Hallig, © 2006 Voker Schmidtleich hinter dem Parkplatz führt ein geteerter Weg vorbei, auf dem man nach rechts einbiegt. Immer hinter dem Deich geht es nach Norden. Aber aufgepasst, auf dem Weg ist man oft nicht alleine. Auch die Schafe fühlen sich hier sehr wohl, und manchmal beschließen die niedlichen Dinger, dass es für die Radfahrer eine nette Übung wäre, Slalom zu fahren. Beim gemütlichen Radeln hat man hinreichend Zeit, sich in aller Ruhe die Landschaft im 1987 fertiggestellten Beltringharder Koog mit dem Speichersee für die Siele anzusehen. Die Naturschützer waren seinerzeit gegen den Bau des Koogs, der die ehemalige Insel Nordstrand praktisch zu Halbinsel machte. Als Ausgleichsmaßnahme wurde 1991 seine gesamte 3.350 ha umfassende Fläche als Salzwasserbiotop unter Naturschutz gestellt.

Deich am Soenke-Nissen-Koog, © Volker SchmidtAm Ende des Kooges führt der Weg auf einen Deich. Hier kann man eine Rast einlegen und den Ausblick auf das Watt und den angrenzenden Sönke-Nissen-Koog genießen. Im Westen ist bereits das Ziel der Tour zu sehen, die Hamburger Hallig. Im Gegensatz zum vorherigen Koog ist der Sönke-Nissen-Koog kein Naturschutzgebiet. Hier wird intensiv Landwirtschaft betrieben, vor allem der Anbau von Getreide. Zur Erntezeit fahren die Mähdrescher Tag und Nacht. Was auffällt, sind die grünen Dächer der Häuser. Sie sollen auf den nordfriesischen, in Deutsch-Südwestafrika reich gewordenen Eisenbahningenieur Sönke Nissen (1870–1923) zurückgehen, der das Geld für den Bau des Kooges in seiner ehemaligen Heimat gestiftet hatte. Man sagt, er habe verfügt, dass alle Hausdächer grün zu streichen sind.

Nach einer Weile passiert man rechts des Weges ein Häuschen, das Amsinckhaus. Der Name erinnert an die Hamburger Brüder Amsinck, die das Gebiet, von dem heute nur noch die Hamburger Hallig übrig ist, im 17. Jahrhundert für die Schafzucht gepachtet hatten. Daher der Name Hamburger Hallig. Ab hier zeigt sich ein weiterer Vorteil der Radtour: Für den Radfahrer ist die Weiterfahrt kostenlos, Autofahrer müssen 5 Euro berappen. Auf dem Deich hat man eine großartige Aussicht auf die Salzwiesen, während in der Ferne die einzige Warft der Hallig zu sehen ist.

Schön ist, dass für Radfahrer und Fußgänger ein eigener Weg zur Hallig gebaut wurde, während sich die Autofahrer mit einem einspurigen Plattenweg begnügen müssen. Für den Gegenverkehr gibt es mit einem Pfosten gekennzeichnete Ausweichstellen. Auch diese Wegstecke ist von Schafen bevölkert. Also aufpassen, denn die haben hier Vorfahrt!

Etwa auf halber Strecke hat der Naturschutzbund NABU auf dem Schafberg ein Informationszentrum eingerichtet, wo man sich über das Wattenmeer und die hier lebenden Pflanzen und Tiere informieren kann. Bei Gegenwind eine willkommene Möglichkeit zur Rast!

Auf der Hallig

Hamburger Hallig, © 2006 Volker SchmidtAm Ziel angekommen, hat man wieder einmal die Qual der Wahl. Hat der Gegenwind Kraft gekostet, knurrt der Magen oder verlangt es nach einer kühlen Erfrischung, so bietet der Hallig Kroog auf der einzigen Warft für jeden Geschmack etwas. Ist man hingegen noch fit, geht es links an der Warft vorbei zum Strand. Bei Ebbe kann man dort einen Wattspaziergang machen und nach der Rückkehr des Wassers schwimmen gehen.

Im Watt vor der Hamburger Hallig, © 2006 Volker SchmidtWir hatten die Tour so geplant, dass wir bei der Ankunft ablaufendes Wasser hatten. Damit war der Weg frei für eine ausgedehnte Wattwanderung. Jenseits eines schmalen Streifens direkt vor der Hallig lässt es sich relativ angenehm auf Sand laufen, davor jedoch sammelt sich in Abhängigkeit von der Strömung eine größere oder kleinere Menge Schlick an, in dem sich Muscheln unheimlich wohl fühlen, die es mit ihren Schalen auf die Füße der Wattwanderer abgesehen haben. Außerdem ist der Schlick ganz schön rutschig. Also aufgepasst, es genügt voll und ganz, wenn man über die Ausrutscher der anderen lacht! Hat man dieses kleine Hindernis überwunden, kann man zu einer Wanderung über die Sandbank vor der Hallig aufbrechen, die sich im Westen bis an die Fahrrinne nach Gröde und Langeneß erstreckt. Die Stille und Weite im Watt sind schon beeindruckend. Man ist alleine mit sich, den Wolken und dem Wind. Am Horizont zeichnen sich die Halligen Habel und Gröde ab, und bei guter Sicht lassen sich im Westen Hooge und im Südwesten die Insel Pellworm ausmachen. Ein tolles Gefühl!

Wer bis vor die Fahrrinne laufen will, sollte ein Fernglas mitnehmen. Auf der anderen Seite kann man dann auf einer hoch liegenden Sandbank mit etwas Glück Seehunde beobachten. Vielleicht rauscht auch gerade die Adler Express vorbei und wirft ihre Wellen auf. Mit bis zu 30 Knoten (52 km/h) ist sie das schnellste Schiff der Westküste.

Lorenbahn zur Hamburger Hallig, © 2006 Volker SchmidtBei aller Faszination über das Wattenmeer heißt es, den Blick auf die Uhr nicht zu vergessen. Auch wenn es sich der Wattwanderer kaum vorstellen kann: bei Flut steht das Wasser hier über zwei Meter hoch. Zurück auf der Hallig mag er in aller Ruhe (und vielleicht bei einen netten Picknick) auf die Rückkehr des Wasser warten, um anschließend eine Runde zu schwimmen. Dann geht es mit dem Fahrrad durch den Sönke-Nissen- und Beltringharder Koog zurück nach Lüttmoorsiel, wo das Auto (hoffentlich) artig wartet. Wer noch Zeit und Lust hat, kann zum Abschluss des Ausflugs einen letzten Abstecher auf den Deich machen und die Aussicht auf die Hallig Nordstrandischmoor genießen. Mit etwas Glück bekommt er dabei das bevorzugte Transportmittel der Halligbewohner zu Gesicht: eine Lore. Wir mussten uns, wie das Foto zeigt, mit einem Blick auf den Schienenstrang zufrieden geben.

Abschließend noch ein Tipp zum Thema Fahrrad. Beim Amsinckhaus werden zwar welche verliehen; von deren Benutzung ist allerdings abzuraten. Die betagten Gefährte sind nicht immer in akzeptablem Zustand und haben oft keine Gangschaltung. Bei Gegenwind kommt einem der Weg auf ihnen doppelt bis dreimal so lang vor. Der eigene Drahtesel ist halt immer noch der beste.

Absolut etwas für Genießer ist der Sonnenuntergang auf der Hamburger Hallig. Am Abend hat sich Parkplatz so weit geleert, dass die Autofahrt bis ‘direkt vor die Tür’ kein Problem ist. Bei entsprechendem Wetter und verbunden mit einem Picknick ist so ein Sonnenuntergang ein unvergessliches Erlebnis!

Sonnenuntergang auf der Hamburger Hallig, © 2006 Volker Schmidt

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Ein Besuch der Hallig Hooge, © 2007 Volker Schmidt