Das Werkeln geht weiter

Ostern 2010

 

Freitag, 26. März 2010

DKrokusse im Tönninger Schlossgartenas Husumer Krokusblütenfest musste in diesem Jahr ohne blühende Krokusse auskommen, aber in Tönning blühen sie, als wir gegen halb sieben am Abend um den Hafen kurven. Auch im Schlossgarten ohne Schloss leuchten sie in voller Pracht. An Feuchtigkeit mangelt es ihnen derzeit nicht. Es habe schon oft von Auto-Waschstraßen gehört, meint nach unserer Ankunft das Fahrrad auf dem Dachgepäckträger, doch das sei nichts im Vergleich zu der fünfhundert Kilometer langen Waschautobahn, die es jetzt hinter sich habe. Wir bieten ihm ein trockenes Plätzchen im Pavillon-Schapp an, wo es sich von seinen beiden Kollegen, die dort überwintert hatten, über den großen Frost unterrichten lässt. Bei unserer Stippvisite Mitte Februar hatten wir in Tönning noch Schnee gehabt.

Wir räumen unseren Kram ins Haus und bewundern die frisch renovierte Treppe im vorderen Treppenhaus – gewöhnlich gut unterrichteten Quellen zufolge hat sich auch unser Nis Puk sehr zufrieden über die Arbeit unseres Tischlers aus Vollerwiek geäußert – und wandern in Pepes Fischerhütte. Solide und preiswerte Kost wie einst in der Tönninger Stuv, und wie ehedem dort, lässt sich mien Deern die zweite Hälfte ihres Riesenschnitzels fürs morgige Frühstück einpacken.

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Sonnabend, 27. März 2010

Restaurierte Treppe, © 2010 Juergen KullmannNach dem Frühstück geht es in den Sky Markt, ein paar Lebensmittel und Wein fürs Wochenende einkaufen. Es folgt ein Rundgang um den Hafen. Der Winterschlaf der Guszinskis ist vorbei. Da lassen wir uns von ihnen doch gleich für elf Euro ein knappes halbes Pfund nicht durch Benzoesäure verseuchtes Krabbenfleisch einpacken, das gibt zur Stärkung einen leckeren Mittagsimbiss, denn ein bisschen gibt es heute noch zu tun. So sind da im Appartement die beiden nostalgischen Haken anzubringen, die wir nach dem Kauf der Krabben bei Emma hinter der Stöpe erworben hatten. Doch als Erstes wird nach dem Lunch die neue Treppe geputzt, und ein paar wenige, beim Einsetzen der Stufen in ihrem Umfeld entstandene Macken werden weggespachtelt.

Der Spachtel muss jetzt aushärten. Ehe wir ihm morgen mit Sandpapier zu Leibe rücken, schauen wir uns am Abend die drei letzten von zehn Folgen des Rätsels der Sandbank an. Tönning erkennen wir als einen der Drehorte wieder, wenngleich uns Huus im Film nicht auftaucht.

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Sonntag, 28. März 2010

Sonntag = Garten steht auf dem Notizblock meines Mädchens, doch zunächst einmal werden die Ausbesserungsarbeiten im Treppenhaus abgeschlossen. Zwei Maler-Arbeitsstunden gespart! Später kommt Frau W. auf einen Kaffee vorbei, und wir geben ihr den Belegungsplan für diesen Sommer.

Und dann steht da noch der Begriff ‘Weinseligkeit’ auf dem Notizblock meines Mädchens, mit der ein recht kalter und windiger Palmsonntag zu Ende geht.

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Montag, 29. März 2010

Bewölkt und kalt beginnt die Osterwoche, und so verziehen wir uns nach Husum in den Baumarkt von Max Bahr, der uns eine Stunde später gegen ein Lösegeld von gut fünfzig Euro wieder entlässt. Für dieses Entgelt dürfen wir ein paar Sachen mitnehmen: Ein paar Haken, ein paar Schrauben, ein paar Dübel, eine Dose Holzspachtel und zehn Kilogramm Haftputzgips (Rotband) zur Ausbesserung des Keller-Schapp. Ein paar Blumen und Kräuter für den Garten kommen auch noch mit.

Der Wind flaut etwas ab, die Luft wird wärmer und die Welt sieht freundlicher aus. Wir haben die Fahrräder aus ihrem Winterschlaf geholt und fahren über den Eiderdeich Richtung Kating. Da, wo die Straße zum Sperrwerk den Mitteldeich durchbricht, erschallt ein lautstarkes Gemääähe von der Deichkrone, das überhaupt nicht freundlich klingt. Ein Ostermarsch der Schafe, weiße, schwarzköpfige und ganz junge, und alle Köpfe wenden sich grimmig blökend uns zu:

Wir lassen uns nicht verbraten!
Hände weg von unseren Lämmern!
Mein Po gehört mir!
Osterfeuer statt Osterlamm!
Schafwolle statt Lammkotlett

Ich habe keine Kamera dabei, doch hier ist eine Grußkarte, die wir später erwarben und auf der das Ereignis dokumentiert ist:

Ostermarsch

Was gab es neulich bei uns zum Abendessen? Wir genieren uns, radeln rasch weiter, kommen gar so weit dann aber doch nicht. Der Wind frischt wieder auf, Böen versuchen uns in den Graben zu drücken. Kurz vor dem Wäldchen am Katinger Watt machen wir kehrt und finden auf dem Rückweg am Eiderstrand noch einen schönen Stein für unseren Garten.

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Dienstag, 30. März 2010

Es bleibt kalt und windig, und wir werkeln ein wenig im Haus. Die Leefste testet im Schapp unter der Treppe den Rotband-Haftputz, derweil ich die Böden der Bettkästen im Zimmer der Crew verschraube. Die vom Hersteller der Polsterbetten vorgesehene Befestigung mit kleinen Nägeln hatte sich nicht als dauerhaft erwiesen – eine statische Fehlberechnung, oder sind unsere Federbetten zu schwer? Mit 50 Schrauben pro Bodenplatte werden sie sich nun nicht mehr lösen, ins Holz gedreht ganz ohne Akkuschrauber wohlgemerkt, nur mit Muskelkraft und einem Kreuz-Schraubenzieher.

Gegen Mittag dringt die Sonne durch die Wolkendecke. Wie wäre es mit einem Fahrrad-Ausflug zum Essen fassen, vielleicht am Eidersperrwerk? Los geht’s — dreihundert Meter weit, bis uns auf dem Eiderdeich ein kalter Wind aus der Arktis entgegenschlägt.

Auf dem Eiderdeich, © 2012 Juergen Kullmann

Wollen wir wirklich … ? Wir kehren um, fahren zu Guszinkis Fischimbiss am Hafen und genehmigen uns jeder ein technisch etwas schwer zu verspeisendes Backfischbrötchen.

Das Abendprogramm: Der Erfinder der nordfriesischen Kartoffelkanone (zumindest hat er sie zur Funktionsreife weiterentwickelt) ist mit sien Fru zu Gast. Nach der unvermeidlichen Hausführung für Erstbesucher holt min Deern als Begleitung zum weißen Wein ihre Tomaten-Ziegenkäse-Tart in der Version 2.0 aus dem Backofen, die nicht weniger zu munden scheint als mein Salat. Die Version 1.0 war zuvor im nämlichen Backofen verbrannt, und es musste erst einmal kräftig gelüftet werden. Nach dem weißen Wein muss der rote daran glauben, und dann taucht aus dem Gefrierschrank eine Flasche Linie Aquavit auf. In der ersten Stunde des neuen Tages verabschieden sich unsere Gäste.

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Mittwoch, 31. März 2010

Es ist schon mehr als zwanzig Jahre her, dass wir zuletzt in Flensburg waren. Wir hatten uns damals in einem kleinen Hotel in Kopperby an der Schlei eingenistet und einen Ausflug die Ostseeküste hoch zur dänischen Grenze gemacht. Dieses Mal geht es von West nach Ost über die Cimbrische Halbinsel, von den Gestaden der Nordsee zu denen der Baltischen.

Flensburg, © 2010 Juergen KullmannAn viel mehr als die Förde erinnere ich mich nicht, nur noch daran, dass wir seinerzeit einen Findus-Adventskalender und Flann O’Briens satirisch-bissigen Roman Das Barmen erstanden hatten, letzteren in der Carl-von-Ossietzky-Buchhandlung, die es immer noch gibt. Wir bleiben in der Shoppingmeile und erwerben – soweit es Kulturgüter betrifft – für unsere friesische Hausbibliothek ein instruktives Buch über die Piraten der Weltmeere, zusammengestellt für maritime Leseratten zwischen zehn und neunundneunzig Jahren. Ein spannendes Lese- und Entdecker-Abenteuer für die Fans von Piraten und Piratinnen, denn schließlich waren die Deerns unter den Freibeutern oft gefährlicher als ihre männlichen Kollegen:

Heute ließ ich Segel setzen. Mein Auftrag lautet,
      Isabella Drummond
zu finden und gefangen zu nehmen,
eine gefährliche Piratenführerin und
Schrecken aller, die ihr je begegneten.

Spielschrieb ein zeitgenössischer Piratenjäger. Und dann ist da noch ein Auftrag von unserem Nis Puk, den wir nicht vergessen dürfen: Ein Geburtstags-Geschenk für Sabrina gilt es zu besorgen. Die junge Dame hatte im letzten August mit ihrer Familie in uns Huus ihren elften Geburtstag gefeiert und mit Nis Puk vereinbart, auch den zwölften daselbst zu verbringen. Da will sich Nis Puk natürlich nicht lumpen lassen. Wir finden bei Karstadt ein Gesellschaftsspiel, bei dem es um Schafe geht. Ohne dich ist alles doof, steht auf der Schachtel, das passt doch. Und da wir schon einmal bei Karstadt sind, erwirbt min Deern aus gesellschaftspolitisch-wirtschaftlicher Verantwortung heraus noch zwei Hosen, auf dass zumindest diese Filiale vor der Schließung bewahrt bleibt, nachdem es die Husumer bereits erwischt hat. Nach dem Lunch in einem Seitenhof des Einkaufboulevards (die Speisekarte klingt besser als das, was auf den Tisch kommt) gesellen sich noch zwei Schühchen hinzu.

Zwischen zwei Meeren, Segeln und Fähren,
Zwischen zwei Meeren, da leb ich mich aus,
Wellen, Leuchttürme, salzige Stürme
Zwischen zwei Meeren, da bin ich zuhaus.

sang einst eine Gruppe, die sich Die Tinkeltuten nannte. Wir sind zwischen diesen Meeren auf der Rückfahrt zur Westküste und das Land wird platter. Das Ortsschild von Viöl huscht vorbei, hier beginnt der Landkreis Nordfriesland. Coming home! Doch wir fahren nicht sofort heim, sondern über Harblek und Kotzenbüll nach Vollerwiek und erzählen unserem Tischler, wie toll wir seine Treppenrenovierung finden.

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Donnerstag, 1. April 2010

Gut, dass wir gestern in Flensburg waren, denn von Ausflugswetter kann heute keine Rede mehr sein. Trüb und regnerisch ist es beim Brötchen holen, und es sieht nicht danach aus, als würde sich im Laufe des Tages viel daran ändern.

Wir kaufen für die kommende Saison ein, Putz- und Reinigungsmittel für die Ferienwohnung. Zwölf Flaschen Sekt stehen bereits im Flurschrank, das dürfte bis zum Ende des Sommers reichen. Am Nachmittag geht es vor die Tür. Im Schapp werden Haken für die Gartenwerkzeuge angebracht, und dann erzählt mir min Deern, unser Nis Puk habe gesagt, es müsse mal etwas Moos aus dem Pflaster gekratzt werden. Dies sei kein Aprilscherz, fügt sie hinzu, als ich auf das Datum verweise. Dann muss ich dem ja wohl nachkommen, während sie ein wenig zwischen den Blumen herumhackt. Am Abend machen wir eine Flasche Wein auf. Zum Dinner gibt es Nudeln.

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Freitag, 2. April 2010

Das war aber ein Luxustag, meint min Deern heute Abend. Der erste Luxus: es regnete nicht. Der zweite Luxus: Die Sonne schien.

Zurück zum Anfang. Wir fahren zum Leuchtturm Westerheversand. In dem Gebäude am Schotterparkplatz hat der Fremdenverkehrsverein Westerhever sein Saisondomizil. Ich erwerbe einen Umschlag mit einem Ersttagsstempel auf einer Sonderbriefmarke anlässlich des 100sten Geburtstages des Leuchtturms. Der liegt zwar schon drei Jahre zurück, doch waren wir damals zu sehr mit uns Huus beschäftigt gewesen um ihn hinreichend zu würdigen. Es ist arg böig, da die Parkgebühr aber schon gezahlt ist, wandern wir zur Wasserkante hinaus. Das Wasser zeigt sich nur in der Ferne, und der feiertäglichen Karawane zum Leuchtturm wollen wir uns nicht anschließen.

Der dritte Luxus des Tages: Krabbenbrötchen draußen auf einer Bank vor unserem Lieblingsimbiss hinter dem Deich bei der Badestelle Vollerwiek. Den von min Deern so geliebten Vollerwieker Käsekuchen, gibt es leider erst am Montag.

Cafe Mahre, Katinger Watt, © 2010 Juergen KullmannMacht nichts, da haben wir doch in einem Küstenforum viel Lob gelesen über ein Café Mahre im Katinger Watt unweit des Eidersperrwerks. Wir finden es an der Stelle jener Surfschule, vor der wir nie jemanden hatten surfen gesehen. Ein skandinavisches Holzhaus an einem See in Schweden, könnte man meinen, wäre da nicht das Geräusch der Autos von der nahen (nicht sichtbaren) Straße durch das Katinger Watt. Hier sitzen wir in der Sonne und genießen den vierten Luxus des Tages: ein Stück Eierlikörtorte im XXL- und eine Erdbeer-Sahne-Schnitte im L-Format, derweil die Wirtin meint, uns fotografieren zu müssen. Die Tassen, in denen sie den Kaffee serviert, stehen auch bei uns zu Hause im Schrank.

*  *  *

Tönninger Schloss, © 2010 Juergen KullmannAlle Welt redet vom Husumer Krokusblütenfest, das vor zwei Wochen ohne blühende Krokusse zu Ende ging. Doch für was brauchen wir in Tönning die Krokusse aus dem Husumer Schlosspark? Am späten Nachmittag wandern wir nur wenige Schritte von uns Huus entfernt durch den – sieht man vom Modell im Wassergraben ab – schlosslosen Schlossgarten und erfreuen uns am Tönninger Krokusblütenmeer, während in den noch kahlen Baumwipfeln die Krähen ihre Nester bauen. Abgerissen wurde das Schloss 1735 nach einer Belagerung durch den dänischen König Friedrich V., doch man sagt, dass an dem Ort, an dem es stand, alle sieben Jahre drei Jungfrauen erscheinen und das Schloss nach ihrer Erlösung in seiner alten Pracht auferstehen wird. Ein mutiger Mann hatte sich ihre Erlösung einst vorgenommen, ob um das Schloss auferstehen zu lassen oder eine der Jungfrauen zu ergattern, sei dahingestellt, war jedoch aufgrund einer fiesen Bedingung gescheitert. In dem vom Nordstrander Verleger M.-G. Schmitz herausgegebenen Buch Sagen und Legenden von der Nordsee* liest sich das so:

[…] Als Tönning einst von Feinden umlagert wurde, wohnte der Kommandant der Festung im alten Schloss. Die drei Töchter des Generals aber hatten ein Gelübde getan und sich in den Keller verwünscht. Das Schloss ist nun längst abgetragen; aber die Keller sind noch da und von der Wasserseite sichtbar. […]

Eines Tages wollte sie ein Matrose erlösen […] und gelangte schließlich in das Kellerverlies, in dem die drei Prinzessinnen lasen oder aus Blumen Kränze flochten. Dabei wurden sie von einem Höllenhund streng bewacht, dennoch konnte der Matrose die drei hübschen Jungfrauen fragen, was er tun müsse, um sie zu erlösen. Die jüngste zeigte auf ein Schwert an der Wand und sagte: „Mit diesem Schwert musst du dem Hund den Kopf abschlagen.“ Der Matrose ergriff das Schwert und hatte zu dem Hieb bereits ausgeholt, als er sah, dass sein Vater vor dem Höllenhund kniete und der Schwerthieb seinen Vater unfehlbar getroffen hätte. Da stürzte der Matrose voller Entsetzen ins Freie und atmete erst wieder auf, als die Tür laut krachend hinter ihm wieder ins Schloss fiel. Doch drei Tage später brach der Mann tot zusammen.

Bei solch fiesen Tricks wird wohl auch künftig aus der Auferstehung des Schlosses in seiner alten Pracht nichts werden.

Nudeln zum Zweiten zum Abendbrot, die Reste von gestern mit Spinat und Käse erweitert. Lecker! Und von dem Wein ist auch noch etwas da.

* Sagen und Legenden von der Nordsee, hg. von M.-G. Schmitz. M.-G. Schmitz Verlag, Nordstrand. Seite 87/88.

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Sonnabend, 3. April 2010

Min Deern meint, einige meiner Unterhemden seien nur noch als Polierlappen für Spiegel und Fensterscheiben geeignet, also fahren wir zum Herrenausstatter Stolz in den Gewerbepark von St. Peter-Ording. Die Aktion ist erfolgreich, und weiter geht die Fahrt nach St. Peter Dorf, doch der anvisierte Osterflohmarkt erweist sich mit überwiegend Neuware als Reinfall. Davon abgesehen haben wir Hunger, ‘Am Kamin’ heißt das Lokal, in dem wir vor Anker gehen. Die Kartoffeln sind etwas al dente, die Ente hingegen ist ganz lecker.

*  *  *

Badestelle Vollerwiek, © 2009 Juergen KullmannVor dem Deich an der Badestelle Vollerwiek werden die ersten Strandkörbe aufgestellt – morgen ist Ostern. Wir sitzen auf der Bank vor der DLRG-Station und beobachten die Szene: die wenigen Menschen, den Grashang zum Wasser hinunter, die Wolken und das Meer. Dann fahren wir heim, sitzen noch ein wenig im Garten und entmosen ein paar weitere Reihen Terrassenpflaster, bis dann der Abend naht.

Familie W. hat zum Grillen eingeladen, gegrillt wird draußen, gegessen drinnen. Wir lernen die Mutter unserer Nachbarin kennen, eine nette Frau, und neben ihr eine ältere Dame, der einst das Nachbarhaus gehörte. Auch eine ausgesprochen nette Frau, die viele alteingesessene Tönninger kennt. Und jetzt auch uns.

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Sonntag, 4. April 2010

Auch auf dem österlichen Hafenflohmarkt von Tönning gibt es nicht nur Altware, und der Marktschreier, der für zehn Euro eine überquellenden Korb mit Obst und Gemüse sowie für jedes Kind eine Banane extra offeriert, schreit weder auf Friesisch noch op Platt, sondern mit deutlich osteuropäischem Akzent. Im vergangenen Jahr hatte er zudem Spargel aus Peru im Angebot. Einmal und nie wieder – sagten sich wohl nicht nur die Käufer, zu denen wir auch gehörten.

Im Auftrag des Osterhasen erwerben wir zwei kleine Geschenke für die Kinder der W***s: ein Walzahn an einem Riemchen für Elisa und eine Piraten-Geldbörse für Niklas. Dann packt min Deern alles in ein Kästchen, legt ein Kärtchen mit einem Gruß vom ‘Deichhasen Nr. 5’ hinzu, in den sie soeben mutiert ist, und platziert das Päckchen an die Hintertür der Familie in der Süderstraße. Derweil kratzt der Gesellschafter der Deichhäsin das letzte Gras und Moos aus dem Pflaster der Terrasse.

Die Deichhäsin ist zurück und das Pflaster mehr oder weniger grasfrei. Wir verspeisen zum Lohn für all die guten Taten unter dem Dach des Pavillons die gestern eingekauften Apfel-Quarkschnitten und betrachten, wie es sich für den siebten Tag der Woche gehört, unser Werk: Handwerkerspuren im Treppenhaus beseitigt, Putz im Kriechkeller unter der Treppe ausgebessert, Bettkästen im Zimmer der Crew neu verschraubt, Haken für Gartenwerkzeuge im Schapp angebracht, Garten in Ordnung gebracht, Moos und Gras aus dem Terrassenpflaster entfernt, für die neue Saison eingekauft und alles einmal durchgeputzt. Das war es dann wohl mit unserem Osterwerkeln im und ums Haus.

Nach langem Herumraten, wie wir später erfahren, sind Niklas und Elisa darauf gekommen, dass der Deichhase No. 5 in der Deichstraße No. 5 wohnt, und klingeln an, um sich für die Kleinigkeiten zu bedanken. Bei der Gelegenheit kann die Deichhäsin dann gleich den Walzahn an Elisas Riemchen fixieren, der immer wieder aus seiner Fassung rutscht.

Es wird Abend, siehst du auch
    die alten Weiden dort am Fluß?
Komm, in ihren Schatten
    kühlst du deinen müden Fuß.
Wie die Weiden, ihre Zweige,
    sieh, wie dicht sie sind und schwer,
Für die Nacht sind wir geborgen,
    unsere Ängste vor dem Morgen
Trägt der Wind bis an das Meer.

schrieb Hannes Wader 1985 ein Lied in Anlehnung an Tschingis Aitmatows Erzählung Dshamilija. Lass’ uns noch einmal zur Eider gehen, min Deern, ehe wir morgen wieder abreisen müssen. Wir kommen nur bis zur Nase*, dann ziehen schwarze Wolken über den großen Strom herauf. Blitze über Dithmarschen. Wir schlendern zurück, vorbei am Schuppen des Kanuvereins. “Wenn Blitz und Donner gleichzeitig kommen, kommst du sofort nach Hause!” instruiert ein Vater seine neben der Slipanlage angelnde Tochter, ehe er sich wie wir vor dem drohenden Regen in Sicherheit bringt.

Auf dem Eiderdeich

* In die Eider ragende Landzunge, an der einst Wasserflugzeuge landeten.

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Letzte Bearbeitung 13.10.2015