Uns Huus in Tönning
Tagebuch eines Hauskaufs

– 2007 –

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Freitag, 19. Januar 2007

Wir bekommen Post vom Notar aus Tönning, im Umschlag der Entwurf des Kaufvertrags nebst einem Katasterplan. Einiges wird noch zu ergänzen, anderes zu streichen sein. Die erforderlichen Anpassungen und Änderungen, erfahren wir am Telefon, werden bei der Vertragsunterzeichnung vor Ort durchgeführt.

Und so kritzeln wir in den Entwurf ein Dutzend Anmerkungen und Fragen.

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Montag, 22. Januar 2007

Brief an Frau H.

Liebe Frau H. — Da Sie in St. Peter-Ording noch kein Telefon haben, bestätige ich hiermit schriftlich, dass wir den Entwurf des Kaufvertrags bekommen haben und der Notarstermin am 29. Januar in Ordnung geht. Wir werden am Samstagnachmittag in Tönning eintreffen und am Dienstag in der Früh abreisen.

Meine Frau ist schon fleißig dabei, Kataloge zu wälzen und die Einrichtung zu planen. Dazu würden wir an dem Wochenende gerne die Zimmer im Hause ausmessen und ein paar Fotos machen. Ich hoffe, wir kommen Ihnen damit nicht ungelegen. [...]

Mit freundlichen Grüßen ...”

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Montag, 29. Januar 2007

Ein Stufengiebelhaus aus dem Jahr 1666 in der Neustraße 10, im Erdgeschoss das Sanitätshaus Krämer. Durch den Seiteneingang und ein altes Treppenhaus gelangt man unters Dach, wo die Rechtsanwälte und Notare Carstens & Bertholdt residieren. Altes Gebälk und niedrige Decken haben es dem Hausherrn, der seine heute hier versammelte Kundschaft um einiges überragt, in Fleisch und Blut übergehen lassen, an gewissen Stellen seiner Kanzlei automatisch den Kopf einzuziehen.

Da sitzen wir nun, Frau H. im eleganten Hosenanzug und wir in unseren Alltags-Jeans, unsere Unterlagen in einem Leinenbeutel. Wir haben noch nie ein Haus gekauft, die Noch-Besitzerin des selbigen noch nie eines verkauft, und so erklärt uns der Notar zunächst den Ablauf des Verfahrens. Dann gehen wir den Vertrag durch, passen dieses und jenes an. Schließlich wird festgehalten, dass der Verkaufspreis zum 28. März auf ein Anderkonto des Notars zu überweisen ist und uns das Haus am 1. April ausgeräumt und besenrein übergeben wird.

Wir unterschreiben. Dann marschieren wir mit Frau H. ins Haus hinüber, machen Fotos und messen die Räume aus. Hier der nach dieser Vermessung gezeichnete Grundriss:

Erdgeschoss:

Grundriss unten

Obergeschoss:

Grundriss oben

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Februar bis März 2007

Zurück in Dortmund harren wir der Dinge und Rechnungen, die nun kommen sollen. Es dauert nicht lange, und der erste Umschlag liegt im Briefkasten.

1. Februar 2007: Ein Schreiben des Notars mit der beglaubigten Abschrift des Kaufvertrags sowie den Daten des eingerichteten Notar-Anderkontos.

16. Februar 2007: Ein Brief vom Amtsgericht Husum mit der Bekanntmachung über die Eintragungs sowie einer Rechnung über von € 133,50. Wir begleichen sie.

22. Februar 2007: Post vom Finanzamt Rendsburg mit einem Bescheid über die zu zahlenden Grunderwerbssteuer. Wir überweisen sie.

19. März 2007: Ein Fragebogen von einem ‘Gutachterausschuss für Grundstückswerte im Kreis Nordfriesland’ trudelt ein mit dem Hinweis, dass wir rechtlich verpflichtet sind, ihn auszufüllen. Zur Beantwortung einiger Fragen müssen wir dem Haus noch einmal mit einem Zollstock zu Leibe rücken. Das ist erst im April möglich.

23. März 2007: Ein Schreiben des Notars informiert uns, dass der Löschung der auf dem Gebäude liegenden Grundschuld, durch die Bank, zu deren Gunsten sie eingetragen war, zugestimmt wurde, worauf wir den Kaufpreis auf das Anderkonto überweisen. Ein bisschen mulmig ist uns dabei: kann mit dem Geld wirklich keiner durchbrennen, ehe das Haus auf uns überschrieben ist?

*  *  *

Derweil beginnen Keller und Garage in Dortmund überzuquellen. Seit Anfang Januar wandern wir durch Möbel- und Einrichtungshäuser, besuchen Haushaltswaren-Sonderverkäufe. Und so warten Ende März auf einen alsbaldigen Transport nach Tönning:

Ein Doppelbett mit zwei Lattenrosten, eine Matratze, eine Schreibsekretär mit Stuhl, ein Sofatisch fürs Appartement.
Eine Küchenlampe, eine Kaffeemaschine (gebraucht), ein CD/MP3 Micro-Audio-System (neu von Aldi)
Geschirr und Besteck für 18 Personen (12× für die Hauptwohnung, 6× fürs Appartement), Töpfe, Pfannen, sonstiger Kram.
Ein Gartentisch von Aldi.
Zwei Fahrräder für unsere künftigen Feriengäste: ein ausgemustertes von Cousine Gisela und mien Deerns 30 Jahre altes Kettler-Alu-Rad mit dem Aufkleber Stoppt die Atomindustrie – Kämpft für das Leben!, auf dass es seinen Protest in Norddeutschland weiterführt.

... und viele Dinge mehr, die ich jetzt nicht mehr zusammenbekomme.

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Sonnabend, 31. März 2007

Wir treffen in Tönning ein, die Rücksitze umgeklappt und das Auto vollgepackt bis unters Dach mit dem Kleinkram aus dem Keller – der Großkram folgt übernächste Woche. Wir richten uns für die kommenden Tage in Wulffs Ferienwohnung ein; sollten Passanten vom Bürgersteig ins Auto blicken, tippen Sie vermutlich auf einen Flohmarktbeschicker.

Ob es Frau H. geschafft hat, das Haus termingerecht zu räumen? Schauergeschichten von Hauskäufern, die auf einem Berg von hinterlassenem Gerümpel sitzen blieben, gehen uns durch den Kopf. Wir sind neugierig, marschieren hin, wandern ums Haus, luken durch die Fenster. Aufatmen: alle Zimmer – zumindest die im Erdgeschoss – sind leer. Und der Kaminofen und die Einbauküche sind wie abgesprochen noch drin.

Tschüüs Huus, ab morgen bis du Uns Huus.

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Sonntag, 1. April 2007

GWarten auf die Schlüsselübergaberoß wirken die Räume, wo sie nun leer sind. Wir wandern mit Frau H. durch das Haus; sie hat zur Unterstützung ihre Tochter mitgebracht. In zwei Zimmern des Obergeschosses stoßen wir auf primitiv zusammengezimmerte Einbauschränke. Die werden wir dann selbst abbauen, desgleichen die billige Pantryküche im Appartement. Aber alles ist sauber, kein Müll steht herum, und wir sind zufrieden.

Gemeinsam lesen wir die Zähler für Gas, Wasser und Strom ab, lassen uns Kopien der letzten Strom- und Gasrechnungen von EON Hanse und des Hausversicherers geben, übernehmen die Schlüssel und bestätigen dies.

*  *  *

Es wird Nachmittag. Wir sitzen wieder bei unseren netten Gastgebern im Herrengraben, haben eine Flasche Wein geöffnet. Vor einer Stunde hatten wir sie durch uns Huus geführt. Wie geht es nun weiter? Wir listen auf:

– In den meisten Zimmern muss die alte Raufaser-Tapete runter, in einigen nur neu gestrichen werden. Herunter bekommen wir sie schon selbst, zum Kleben und Streichen braucht es einen Maler.

– In fünf Räumen und oben im Flur liegt ein hässlicher Teppichboden. Doch hässlich oder nicht, Teppichboden mögen wir nicht. In zwei Zimmern und im Flur sind die Holzdielen darunter gar nicht so übel, doch was in der Diele zum Garten, einem der angedachten Schlafzimmer sowie im Appartement unter dem Teppich zum Vorschein kam, gefiel uns gar nicht. Eichenparkett würde sich hier gut machen, wofür wir einen Fachmann brauchen.

– Im gesamten Haus müssen die laienhaft verlegten, Fußleisten (Gesamtlänge ca. 100 m) raus und durch Stilvolleres ersetzt werden. Das Entfernen bekommen wir noch hin, das Anbringen in den oft nicht rechtwinkligen Zimmern sollte ein Fachmann besorgen.

– Der Zugang zum Spitzboden ist zu verlegen. Auch hier muss ein Fachmann ran.

Das wäre es erst einmal, um den Garten kümmern wir uns später. Einen Maler kennen wir schon, und Herr W. empfiehlt uns einen Tischler aus dem benachbarten Vollerwiek. Er verspricht, ihn zu kontaktieren und uns Bescheid zu geben.

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2. bis 5. April 2007

Dann legen wir mal los: Tapetenlöser kaufen, Tapeten ablösen, Fußleisten und Teppichboden rausreißen, die alten Wandschränke im Obergeschoss zerlegen. Mittags speisen wir vor Guszinkis Fischimbiss am Hafen, machen an den Abenden Spaziergänge entlang der Eider. In den Arbeitspausen geht es in die Bau- und Einrichtungsmärkte der Region. Die bisherige Ausbeute:

Montag, 2. April: Ein Esstisch ‘Royal Oak’, Federbetten und Bettwäsche für die künftigen Feriengäste (Dänisches Bettenlager SPO)

Dienstag, 3. April: Gardinenleisten, Schrauben, Dübel und vieles mehr (Max Bahr, Husum), Putzmittel und Toilettenartikel (Lidl und Rossmann), eine Treppenleiter (Aldi).

Donnerstag, 5. April: Zwei Spiegel aus einem Laden an der Roten Pforte in Husum.

Mit rund 850 Euro fördern wir so die örtliche Wirtschaft, doch nun nahen die Osterfeiertage. Es wird Klarschiff gemacht, und der auf dem Hof angesammelte Müll zum Recyclinghof von Tönning gefahren.

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Freitag, 6. April 2007

Der Karfreitag gilt in beiden christlichen Kirchen als höchster Feiertag im Jahr. Da lassen wir es etwas langsamer angehen, wollen uns am Anblick des großen Meeres erbauen und machen einen Ausflug nach St. Peter-Ording.

Der Ort wirkt fast ausgestorben. Die Läden an der Badallee sind geschlossen, anders als in Ostfriesland, wo die Geschäftsleute den von Luther geprägten Begriff ‘Guter Freitag’ als gut für den Umsatz verstehen. Ein paar Besucher wandern über die Sandbank, doch sehr viele sind es nicht, mit denen wir die Wasserkante entlang bummeln. Es ist uns nur recht und wir genießen es, ‘nichts zu tun’.

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Sonnabend, 7. April 2007

Unser Maler kommt, bringt den künftigen Tischler gleich mit, um sich mit ihm die Baustelle anzusehen. Letzterer wird sich später als einer der zwei stellvertretenden Bürgermeister eines der Dörfer unserer Halbinsel herausstellen. Die Herren unterhalten sich auf Platt. Mit Schwung katapultiert sich der Tischler von unserer Treppenleiter durch die im künftigen Schlafzimmer (noch) vorhandene Luke – die Ausziehtreppe war der Vorbesitzerin des Hauses nach eigenen Angaben “irgendwann abhanden gekommen” – auf den Spitzboden, schaut sich mit einer Taschenlampe um und ruft seinem Kollegen von der Malerzunft zu: “Dat lett goot”. Oder so ähnlich. Einer Verlegung das Zugangs zum Spitzboden steht offensichtlich nichts entgegen.

Dann setzen wir uns zusammen und erstellen eine erste Liste, was abgesehen von den Malerarbeiten zu tun ist.

Den Zugang zum Spitzboden verlegen.
In drei Räumen Parkett verlegen, das Holz werden wir bei einem örtlichen Händler aussuchen. Unser Tischler wird die Räume ausmessen, die benötigten Quadratmeter ermitteln, das Holz abholen und die Rechnung an uns weiterleiten.
Im gesamten Haus neue Fußleisten verlegen, wir entscheiden uns für massive Leisten mit ‘Hamburger Profil’.
Die beiden verzogenen, hohen zweiflügeligen Türen vom Wohnzimmer zum Hauptflur sowie zur Küche (so gut es geht) richten.
Den offenen Schapp unter der Treppe im Korridor mit einer Tür versehen.
Für das Appartement nach einer noch von uns zu erstellenden Skizze eine maßgeschneiderte Einbauküche bauen, doch zuvor müssen wir zur Ermittlung der genauen Maße Kühlschrank, Ceranfeld und Spüle besorgen.
Die Treppe vom Appartement zur Schlafempore mit einem neuen Geländer versehen.
Alle Fenster und Außentüren des Hauses auf Dichtheit prüfen, ggf. justieren und die Dichtungen austauschen.

Dazu kommen zwei Fensterbänkchen hier, eine Leiste dort, ein Brettchen da und manches mehr. Wir kennen den Stundenlohn unserer Handwerker, doch wie viele Stunden werden es werden? Schwer zu sagen, eigentlich fast gar nicht, lautet ihre verbindliche Antwort.

Das erinnert an eine Erzählung von Somerset Maugham, in der ein junger Mann bei seinem Schritt in die Selbständigkeit sämtliche gesellschaftlich anerkannten Ratschläge seines wohlmeinenden Vaters missachtet und sich zu dessen großen Verzweiflung nicht ruiniert, sondern wunderbar damit fährt. Und so vertrauen wir auf unser ‘Gefühl’, schieben die Grundregeln aus den Ratgebern fürs Hausrenovieren (mehrere Experten konsultieren, Vergleichsangebote einholen, auf Kostenvoranschläge bestehen etc.) beiseite und sagen: “Dann machen Sie mal!” Start Mitte April, bis dahin werden wir ihnen Schlüssel zukommen lassen. Nach einem unterschriebenen Auftrag fragt niemand, der Handschlag genügt.

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Sonntag, 8. April 2007

Ostersonntag. Am achten Tage räumen wir ein bisschen auf, gehen durchs Haus, betrachten unser bisheriges Werk und beschließen: “Es ist wohlgetan”. Morgen, am Ostermontag, geht es zurück nach Dortmund, doch nur, um am Donnerstag mit einem Anhänger und all dem Kram, der dort im Keller lagert, zurückzukommen.

Noch rasch eine Liste von den Dingen aufstellen, die wir noch in Dortmund besorgen und von dort mitbringen müssen, dann machen wir uns auf zu einem Osterspaziergang vom Katinger Watt zur Eidermündung.

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Dienstag, 10. April 2007

Wieder in Dortmund, wenn auch nur für zwei Tage. Da übermorgen ein Freund mit seinem Van und einem gemieteten Anhänger kommt, unternehmen wir noch rasch eine Einkaufstour und erstehen unter anderem 6 Gartenstühle aus einem Sonderpostenverkauf bei Jawoll.

Weiter geht der Beutezug in die Haushaltswarenabteilung von IKEA. Mit mehreren Sätzen Handtuchhaken für die Bäder sowie achtzehn Wein- und Sektgläser (jeweils zwölf für die Hauptwohnung und sechs für das Appartement bzw. als ‘stille Reserve’) reihen wir uns in die Schlange von der Kasse ein. Schließlich müssen wir nach unserer Ankunft auf ‘uns Huus’ anstoßen.

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Donnerstag, 12. April 2007

Die Abreise verspätet sich, und Gunnar fährt mit seinem Van eine Stunde später als geplant in Dortmund vor. Beim Abholen des Anhängers hatte es ein Problem mit der Funktion der Bremsleuchten gegeben. Er bringt seine fünfzehnjährige Tochter Lisa mit, die sich ‘uns Huus’ auch einmal ansehen möchte.

Alles, was im Keller und der Garage steht, muss mit, darunter ein Doppelbett, zwei Lattenroste, eine Matratze, eine Schreibsekretär mit Stuhl, ein Sofatisch, ein Gartentisch von Aldi, sechs Gartenstühle (temporär auch als Stühle für den Esstisch einsetzbar) und zwei Fahrräder für unsere künftigen Feriengäste. Dazu ein Dutzend Kartons, die sich seit Jahresanfang gefüllt haben und ihren Inhalt erst beim Auspacken verraten werden. Ich bezweifele, dass wir alles unterbekommen, doch Gunnar hat die dritte Sitzreihe im Van ausgebaut und ist zuversichtlich. Er hat Recht. Beim Anfahren verrutscht der schräg hinten im Wagen liegende Sekretär (im Anhänger gab es keinen Platz für ihn), doch er scheint heil geblieben zu sein.

Die erste Station ist Hamm, wo mien Deern sich heute noch im Büro vergnügt. Kollegen, die mit ihr aus dem Rathaus kommen, wundern sich über die Abholer. Schade, dass niemand einen Fotoapparat zur Hand hat. Dann rollen wir auf der A 1 nach Norden. Abendessen auf einem Autohof bei Sittensen, es folgt der übliche Stau vor dem Elbtunnel. Die Dämmerung bricht herein. Beim Verlassen des Elbtunnels ist es dunkel.

Gegen neun Uhr sind wir in Tönning; der Anhänger wird abgekuppelt und auf den Stellplatz geschoben. Mein Mädchen geht mit Gunnar und Lisa zum Herrengraben, wo wir die beiden für drei Nächte in ein Ferienhaus einquartiert haben, während ich unsere Reisetasche und eine Luftmatratze ins Haus bringe. In der nächsten Zeit werden wir es uns oben im Appartement gemütlich machen, das kommt bei den ‘Bauarbeiten’ zum Schluss dran. Dann folge ich unseren freundlichen Helfern in ihre Unterkunft, wo wir den erfolgreichen Transport mit einem Glas Wein zu begießen.

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Freitag, 13. April 2007

Ein neuer Tag bricht an, er verspricht sonnig zu werden. Unsere erste Nacht in einem eigenen Haus, wenngleich auf einer Luftmatratze, ist Geschichte. Zusammen mehr als hundert Jahre mussten wir dazu alt werden.

Wir sitzen in der Ferienwohnung unserer Transporthelfer, warten auf Lisa, die losgezogen ist Brötchen zu holen, und studieren derweil die Rechnung für Malerbedarf, die uns zugestellt wurde. € 514,14 – was man für ein paar Zimmer nicht alles so braucht? Da ruft Lisa von ihrem Handy an: sie findet den Bäcker nicht. Für junge Leute von heute ist es nicht so einfach, ohne Navigationsgerät aus einem Haus kommend zweihundert Meter nach rechts und dann linkerhand über die Straße zu gehen. Mien Deern dirigiert sie per Telefon zu ihrem Ziel und zu uns zurück.

Nach dem Frühstück geht’s ins Huus, und der neben dem Haus stehende Anhänger wird ausgepackt. Was eben möglich, wandert in den Vorraum zur Heizung, den wir als Zwischenlager deklarieren und in dem später eine Waschmaschine stehen wird. Aus alten Zeiten kommt mir der Begriff ‘kubisch dichteste Kugelpackung’ in den Sinn, die dichtest möglichen Anordnung von Atomen in Kristallen. Wir erzielen einen neuen Rekord bei der Packungsdichte.

Die nächste Aktion: für drei Räume Parkett aussuchen. Die Firma Top Boss am Ortsausgang Richtung Garding wurde uns empfohlen. Nicht schwer zu finden. Wir erläutern, wie wir uns das vorgestellt haben: wir suchen das Holz heute aus, und unser Tischler teilt später mit, wie viel er braucht, und holt es ab. Ob die Firma das so akzeptiert? Wer der Tischler sei? will man wissen. “Ach der Volker aus Vollerwiek, kein Problem, dat geiht!” Und die Rechnung geiht dann an uns.

Wir entscheiden uns für geöltes Eichendielen-Parkett, wohlwissend, dass versiegelt unempfindlicher wäre, vor allem in der Diele zum Garten. Aber geölt passt einfach besser zum Stil des Hauses.

*  *  *

Der Anhänger ist leer, aber nicht lange. Gegenüber von Top Boss ist ein Recyclinghof angesiedelt, bei dem man seinen Abfall loswerden kann. Also wird der Hänger erneut gefüllt, dieses Mal mit zig Quadratmetern alten Teppichboden, geschätzt 100 laufenden Metern Fußleisten und mehreren zerlegten Einbauschränken. Dazu kommen die auseinandergenommene Pantryküche und der Kühlschrank aus dem Appartement sowie einige Säcke mit abgerissener Raufasertapete und anderem Bauschutt.

Am Recyclinghof angekommen stellen wir fest, dass wir hätten sortieren müssen, denn für Teppichboden und Tapetenreste, die zu ‘Bauschutt’ gehören, fallen höhere Gebühren an als für Holz pur. Kühlschränke werden gar nicht erst angenommen, die wird man nur beim kommunalen Entsorger in Garding los. Natürlich können wir, den Kühlschrank ausgenommen, alles zum Bauschutt-Tarif abgeben. Nach einem Blick auf die Preistabelle verwerfen wir diesen an sich bequemen Vorschlag. So geht es mit dem Hänger von der Waage zur Holzentsorgung, wo wir alles, was mit Holz zu tun hat, herausklauben, den Rest wieder einpacken und erneut zum Wiegen fahren. Der Zwischenwert wird festgehalten. Nun zur nächsten Abteilung, wo wir uns vom Teppichboden und den alten Tapeten befreien, und dann wieder auf die Waage. € 39,86 zahlen wir am Ende, ehe es dann nach Garding geht, um dort (kostenlos!) den Kühlschrank zu entsorgen.

*  *  *

Fischimbiss Vollerwiek, © 2011 Juergen KullmannGenug getan, unsere fleißigen Transporthelfer sollen noch etwas von Eiderstedt sehen, denn bis jetzt kennen sie nur den Hafen von Tönning und die Eiderpromenade. Wir setzen uns ins Auto, doch mehr als ein Jahr später finde ich in unseren kargen Notizen keine Hinweise darauf, wo wir an diesem Nachmittag waren. Am Leuchtturm Westerheversand? Kann gut sein. Auf der Sandbank von Sankt-Peter-Ording? Nicht unwahrscheinlich, ich weiß es nicht mehr. Was ich aber noch ganz genau weiß, ist, dass wir am Fischimbiss von Vollerwiek Garnelenspieße verspeisten. Ausgesprochen lecker!

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Sonnabend, 14. April 2007

Ein bisschen wollen wir noch etwas am Haus tun. Gunnar hat seine Bohrmaschine mitgebracht, installiert Wandlampen, Spiegel, Handtuchhaken und -halter in den Bädern und bohrt und schraubt noch so einiges mehr.

Gegen Mittag fahren wir los. Unsere zwei Helfer waren noch nie in der ‘grauen Stadt am grauen Meer’. Heute zeigt sie sich sonnig, und so sitzen wir gegen dreizehn Uhr vor dem Husum Pub, bestellen uns etwas zu Essen und trinken dazu ein Pint Guinness. Dann spazieren wir durch den Ort, vorbei am Schloss vor Husum und der Büste Theodor Storms zu einem Wasserturm, von dem aus man, verspricht ein Faltblatt der Touristeninformation, einen hervorragenden Rundblick hat. Der erweist sich als eher enttäuschend, was nicht nur an der Aussicht selbst liegt, sondern auch an den trüben Plexiglas-Scheiben, die diese beeinträchtigen und Fotos unmöglich machen.

Fischimbiss Vollerwiek, © 2011 Juergen KullmannAlso wieder runter vom Turm. Nordfriesland hat Besseres zu bieten, den Roten Haubarg bei Witzwort zum Beispiel. Die Geschichte von seinem Baumeister aus der Unterwelt* muss ich hier nicht wiederholen. Haubargs, wie man die Anwesen der (ehemals) reichen Eiderstedter Bauern nennt, konnten es mit manch einem Adelssitz aufnehmen. Ihr gewaltiges Dach ruht auf imposanten Holzständern, unter denen das Heu (Hau) geborgen wird. Zwischen den bis zu zehn Pfosten, die durch Längs- und Querbalken verbunden sind, wurde das Heu vom Erdboden hochgestapelt und konnte von zwei Seiten des Gebäudes zu den unten stehenden Tieren gebracht werden. Auf der dritten Seite befand sich die Diele, die mit dem Wagen angefahren werden konnte, und auf der vierten der Wohnteil. Dabei ist Grundriss eines Haubargs fast quadratisch. Selbst wenn eine Sturmflut die Mauern eindrückte, hielten die Ständer noch das Dach, und das Mauerwerk konnte anschließend erneuert werden. Ungefähr vierzig gibt es von ihnen noch.

Wir gehen ins Museum des Roten Haubargs, wo landwirtschaftliche Maschinen und Geräte aus den letzten Jahrhunderten zu sehen sind. Aber es sind nicht diese Ausstellungsstücke, die den Besuch lohnenswert machen, die findet man auch anderswo, sondern es ist der Eindruck des gewaltigen Reetdachs, das sich wie ein Kirchengewölbe über die Besucher erhebt und sie andachtsvoll staunen lässt. Wenn das mal Feuer fängt? Es gibt Berichte, nach denen das 1647 errichtete und ursprünglich mit roten Ziegeln gedeckte Gebäude Mitte des 18. Jahrhunderts schon einmal abbrannte und wieder neu aufgebaut wurde. Aus heutiger Sicht kann man sich das kaum vorstellen, zumal schriftliche Aufzeichnungen aus jener Zeit fehlen.

So bleibt der Rote Haubarg das, was er immer war: sagenumwoben und geheimnisvoll. Wir lassen ihm seine Geheimnisse, kehren ins Freie zurück und bestellen eine Runde Eis, das aus dem Haubarg-Restaurant serviert wird.

* siehe 26. September 2006

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Sonntag, 15. April 2007

Der nunmehr leere Anhänger wird an Gunnars Auto gekoppelt und es geht zurück nach Dortmund. Vorab haben wir unserem Maler und Tischler Haustürschlüssel hinterlassen, damit sie schon einmal loslegen können und wir etwas zu besichtigen haben, wenn wir Mitte Mai auf ein verlängertes Wochenende wieder hier sind.

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16. April bis 15. Mai 2007

Wir sind in Dortmund, doch uns Huus hält uns weiter in Trab. Ende April trudelt vom Amtsgericht Husum die lang erwartete Umschreibung des Hauses auf unsere Namen ein, und der runde Betrag von dreihundertdreiundreißig Euro und ein paar Cent ist fällig. Dann gehen für eine dreistellige Summe Gardinen und Gardinenstangen in unseren Besitz über, wir einigen uns auf die Beleuchtung fürs untere Badezimmer sowie einen Briefkasten und arbeiten eine Besorgungsliste ab, die uns der Maler mitgegeben hat. Und ein Sonnenschirm nebst Schirmständer will demnächst auch noch mit in uns Huus.

So vergeht frei nach Wilhelm Busch die Zeit im Sauseschritt, und ehe wir uns versehen, sind wir wieder vollgepackt mit umgeklappter Rückbank unterwegs nach Norden.

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16. bis 20. Mai 2007

Vollbeladen in Tönning angekommen, sind wir neugierig, was sich in der Zwischenzeit getan hat. Der Zugang zum Spitzboden ist verlegt, und die Malerarbeiten sind weitgehend abgeschlossen. Nur die Fußleisten und Türrahmen müssen noch gestrichen werden.

Das geschieht am nächsten Vormittag, derweil wir die Küchenschränke auswaschen, die ersten Kisten auspacken, Geschirr, Besteck und Küchenutensilien spülen und einräumen. Gespült wird per Hand, denn die Spülmaschine ist nach zehnjähriger Nichtbenutzung defekt. Ausgetrocknete, spröde Dichtungen, wurde uns gesagt, und die Reparatur lohnt nicht mehr. Nur gut, dass die Hand des Chronisten in den letzten zehn Jahren auch beim Spülen nie aus der Übung kam.

Fischimbiss Vollerwiek, © 2011 Juergen KullmannWas erfand der Mensch, nachdem er sesshaft geworden war? Tisch und Stühle. Also bauen wir unseren Esstisch ‘Royal Oak’ zusammen und stellen ihn unter den zuvor aufgehangenen ‘Kronleuchter’ ins Wohnzimmer. Dazu zwei Gartenstühle, und der ersten Abendmahlzeit im eigenen Haus steht nichts mehr im Wege. Am nächsten Tag wandert der Tisch in die Küche, da ist der Weg zum Kühlschrank kürzer.

Fischimbiss Vollerwiek, © 2011 Juergen KullmannStatt seiner findet der von Cousine Gisela gespendete noble Sekretär, der jahrlang in einem Keller hatte schmachten müssen, im Wohnzimmer seine endgültige Bestimmung. Er sei das bestimmende Element des Zimmers, meint er zu einem neuen Leben erweckt. Bis jetzt ist er das einzige, doch ich verrate schon einmal, dass er Recht behalten wird.

Am nächsten Tag fahren wir nach Schleswig, der Prospekt eines Möbelladens hat uns nicht zuletzt ob seines Namens InNatura neugierig gemacht. Wir ordern einen Kleiderschrank, der eigentlich ein Dielenschrank ist, und dazu eine passende ‘ganz süße’, romantische Spiegelkommode. Dann noch zwei Korbsessel zu einem Preis, über den man nicht spricht, und auf dem Weg zur Kasse – – – was steht denn da: eine Anrichte, Einzelstück, vollmassiv, nicht zerlegbar, ganz ohne Schrauben und Nägel verleimt. Mann, was ist die toll, meint mien Deern. Ob die wohl unter die offene Treppe in der Küche passt? Sie muss einfach passen! Wir beschließen, dass sie passt.Wir zahlen im Voraus und für den Transport noch einmal extra. Geliefert wird am zehnten August, wenn wir laut Plan wieder in Tönning sind.

Einen Tag haben wir noch, ehe wir zurück nach Dortmund müssen. Er ist dem Anbringen von Gardinenleisten gewidmet, bei unserer handwerklichen Unbedarftheit eine spannende, tagesfüllende Beschäftigung. Vor allem, wenn man keinen Akkuschrauber besitzt und die Schrauben mit Muskelkraft in die Dübel dreht. Um die Löcher für die uns anempfohlenen Spreizdübel in die mit Rigips verschalten Wände zu bringen, reicht eine ererbte, seit Jahrzehnten nicht mehr genutzte, aber immer noch funktionsfähige Bohrmaschine mit Handkurbel aus den 1950er Jahren. Der Satz Schraubenzieher von Aldi scheint seiner Aufgabe hingegen weniger gewachsen zu sein; am Abend sieht die Spitze des am meisten genutzten arg massakriert aus.

Doch wie auch immer, so CO2-neutral wurden in diesem Lande schon lange keine Gardinenleisten mehr angebracht.

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Anfang Juni 2007

Zurück in Dortmund schickt erst der Notar seine Rechnung. Wir überweisen das Geld, dann geht es für drei Wochen nach Irland, und wir lassen im Huus andere für uns arbeiten. Nicht das Schlechteste, doch leider gehen die Rechnungen an uns.

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Mitte Juli 2007

Manch ein Manager zahlt Unsummen für einen Selbstverwirklichungs-Survival-Urlaub, bei uns gibt es das umsonst. “Wir waren in diesem Sommer zu spät dran, um eine Ferienwohnung zu buchen. Ihr habt doch jetzt ein Haus an der Nordsee, können wir da nicht bei euch …”, hakt jemand aus der Verwandtschaft bei einem Familientreffen nach. “So weit sind wir noch nicht”, dämpfen wir die Erwartung und versuchen den Stand der Dinge zu rekapitulieren:

Die Räume sind gestrichen und die Fußböden verlegt. Gesehen haben wir’s noch nicht, aber es ergibt sich aus den Rechnungen.
Die Küche ist eingerichtet, auch mit Töpfen, Geschirr und Besteck, die Spülmaschine allerdings defekt. Um den Esstisch laden sechs Gartenstühle zum Sitzen ein.
Die Bäder sind benutzbar, es fehlen aber Schränke und Ablageflächen. Im unteren Bad gibt es noch keinen Spiegel.
Im Wohnzimmer steht ein nur Schreibsekretär mit Stuhl. Sessel und Sofa sind bestellt und warten auf Abruf, der Liefertermin muss noch vereinbart werden. Fernseher: Fehlanzeige.
Im Nebenraum zur Heizung stapeln sich ein zerlegtes Doppelbett, Lattenroste, Matratzen, Federbetten, Bettwäsche und eine Reihe von Kisten, bei denen wir nicht mehr wissen, was drin ist, darunter eine Stereoanlage und eine Mikrowelle.
Draußen im Pavillon findet man zwei Fahrräder und einen Gartentisch ohne Stühle, weil die ja in der Küche stehen.

“Wo liegt das Problem?” zeigen sich die Fragesteller unbeeindruckt. Wir packen einen Akkuschrauber ein, tragen das Bett hoch und bauen es auf. Unsere Lütte bringt ihre Luftmatratze mit; außerdem tun ihr zehn Tage ohne Fernseher mal ganz gut. Wir können auf dem Weg auch noch ein paar Sachen bei euch abholen und mitnehmen, und wenn ihr Sessel und Sofas für den Tag nach unserer Ankunft bestellt, nehmen wir sie in Empfang.” Wir akzeptieren.

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8. bis 19. August 2007

Seit zehn Tagen sind die ersten ‘Gäste’ in uns Huus, wenn man sie in einem fast leeren Gemäuer einquartiert denn als solche bezeichnen mag. Nun reisen wir ihnen nach.

Am frühen Nachmittag erreichen wir in Tönning, im Gepäck sechs Kartons mit zerlegten Küchenstühlen und eine Luftmatratze, auf der wir im Appartement nächtigen werden. Britta, Michael und Katrin empfangen uns mit Kaffee und Kuchen, haben sich offensichtlich ganz wohl auf der Baustelle gefühlt. Dann wandern wir durchs Haus und besichtigen, was sich seit unserer Abreise im Mai getan hat, als erstes natürlich den neuen Parkettboden im Appartement. Sieht edel aus! Die Treppe nach oben mit dem abgewetzten Teppichboden auf ihren Stufen passt nun gar nicht mehr dazu.

Aus dem Tagebuch meines Mädchens:

Mittwoch, 8. August: Anreise, Haus besichtigt, sechs Küchenstühle zusammengeschraubt (Hildegard & Britta).

Donnerstag, 9. August: Britta holt Brötchen und erzählt mit einem Grinsen, sie habe noch einen kleinen Umweg die Eider entlang am Gnipmac vorbei gemacht.

Captain’s Bedroom, © 2011 Juergen Kullmann— Am GNIPMAC ?
— Ja !
— Was ist der GNIPMAC ?
— Ja, das habe ich mich auch gefragt.
— Und dann ?
— Nun, am nächsten Tag ging ich anders herum.
— Und dann?
— Dann wurde CAMPING daraus.

Während des Frühstücks wird das schwarze Metallbett für das zweite Schlafzimmer angeliefert, in dem die 13-jährige Katrin die letzten Nächte auf einer Luftmatratze verbracht hat. Wir bauen es gemeinsam auf. Richtig romantisch, das gibt ein Zimmer für ‘Captain’s Daughter’, meint Jürgen. Draußen schrauben er und Britta die Schränke und den Spiegel fürs untere Bad zusammen. Der passt haarscharf zwischen die beiden Lampenanschlüsse, Schwein gehabt! Zum Mittagessen fahren wir nach Vollerwiek in den Imbiss hinterm Deich. Garnelenspieße für den Bautrupp, nur Britta bestellt sich Kartoffelpuffer. Die Garnelenspieße kommen gut an, die Kartoffelpuffer weniger.

Freitag, 10. August: Die Haustürklingel funktioniert plötzlich nicht mehr. Jürgen und Michael kommen nach einer halben Stunde zu dem Schluss, dass das Kabel, das vom Klingelknopf durch die Hauswand nach innen führt, defekt ist. Dumm nur, wenn man das alte herauszieht und sich das neue nicht durchs Loch schieben lässt, weil es zu biegsam ist und immer irgendwo hängen bleibt. Männer! Bis Jürgen ein Stück Starkstromkabel auftreibt, steif und fest, das sich hindurchdrücken lässt. Nun hat uns Huus die stärkste Klingelleitung der Welt.

Captain’s Bedroom, © 2011 Juergen KullmannDie Klingeleitung bewährt sich, denn es klingelt. Die Möbel von InNatura werden aus Schleswig angeliefert. Der Schrank und die Spiegelkommode im größten der drei Schlafzimmer für unsere hoffentlich bald kommenden Feriengäste machen sich ganz toll. Wir nennen es ‘Captain’s Bedroom’. Die Anrichte, unserer Spontankauf vom 16. Mai, passt natürlich nicht wie vorgesehen unter die offene Treppe in der Küche, dafür aber wunderbar in die Eingangsdiele. Ein echtes Schmuckstück, das meinen auch Britta und Michael. Dann reisen sie mit ihrer Tochter ab, und wir haben uns Huus für uns allein. Am Nachmittag kommen auch noch die Polsterbetten für das dritte Schlafzimmer. Wir bauen sie auf und nennen es ‘Crew’.

Sonnabend, 11. August: Wir bezahlen unseren Maler, besorgen bei Basti einen neuen Türbeschlag fürs Wohnzimmer und bringen ihn an. Mittagsschlaf im Zimmer von Captain’s Daughter, anschließend bringt Jürgen dort die Deckenlampe an.

Sonntag, 12. August: Vier Fenster geputzt, Garderobe im Flur installiert, Haustürgardinen aufgehängt, die noch fehlenden Gardinenstangen im Wohnzimmer und im Appartement angebracht. Im Garten den Blauregen frisiert.

Montag, 13. August: In Garding eine neue Spülmaschine bestellt und die Reparatur der Backofenklappe in Auftrag gegeben (Lieferung am Mittwoch). Spiegel im Appartement-Bad installiert, Lampe an der Küchenwand angebracht, Guinnessbild unter der Treppe aufgehängt.

Um 18 Uhr kommt unser Tischler aus Vollerwiek. Die Auftragsliste: Einbauküche und Wandschrank im Appartement – Regal im kleinen Flur vor dem Appartement – Fensterbänkchen in den Gästeschlafzimmern – Austausch der Abschlussleiste an der Arbeitsplatte in der Küche unten – neue Tür am Gang Süderstraße – neue Lüftungsbrettchen draußen am Haussockel.

Dienstag, 14. August: Prospekt vom Expert-Markt in Husum gelesen und darüber geärgert, dass die gestern in Garding bestellt Spülmaschine dort sehr viel billiger gewesen wäre. Wohnzimmergardine genäht und aufgehängt. Nach dem Entfernen des Teppichbodens noch verbliebenen Kleber-Reste von den Flurdielen im Obergeschoss geschabt (zur Hälfte). Garten-Urwald gerodet und sieben Sack Grünzeug weggebracht.

Mittwoch, 15. August: Die Spülmaschine wird aus Garding geliefert, ich zeige den Monteuren den Prospekt mit dem deutlich niedrigeren Preis in Husum. Die rufen in ihrer Firma an und wir einigen uns darauf, dass sie uns zum Ausgleich den Backofen kostenlos reparieren. Dann eine Einkaufstour St. Peter Ording. Die Ausbeute: Wohnzimmertisch Oak Royal (Dänisches Bettenlager), ein Sisalteppich und zwei Lampen. Entfernen der Kleberreste oben im Flur, zweiter Arbeitsabschnitt.

Donnerstag, 16. August: Und wieder einmal geht es ins Dänische Bettenlager, dieses Mal ins Husumer. Wir bleiben bei königlicher Eiche und erstehen eine Anrichte sowie ein aus übereinander zu setzenden Kuben bestehendes schmales Regal fürs Wohnzimmer. Daheim in Tönning wird ausgepackt: Mist, bei der Anrichte fehlt der Beutel mit den Schrauben und Verbindungsstücken. Also wieder zurück nach Husum. Eigentlich, heißt es, müssten wir nun warten, bis der fehlende Beutel nachgeliefert wird, eigentlich dürfe man keinen Beutel aus einem anderen Paket nehmen und uns überlassen, doch mit viel Verhandlungsgeschick – was soll eine hilflose Frau aus Dortmund mit einem Ferienhaus in Nordfriesland denn machen, wenn sie die Schrauben nicht bekommt, solange sie noch vor Ort ist? – öffnen sie dann doch ein anderes Paket und rücken die Schrauben heraus. Um uns dafür erkenntlich zu zeigen, erwerben wir noch ein schmales Nachttischchen (eigentlich eher ein Blumenhocker) fürs Zimmer Captain’s Daughter. Am Abend wird die Anrichte zusammengebaut.

Freitag, 17. August: Kuben zusammengebaut und zu einem Regalturm aufgestapelt, Umkippgefahr durch Anschrauben untereinander sowie oben an der Wand beseitigt. Griff am kleinen Fensterchen in Captain’s Bedroom angebracht; er wollte nicht so recht, bis wir nach gefühlt einer Stunde mit analytischem Denken darauf kommen, dass der Vierkant-Stab, der im Schließmechanismus steckt, zu lang ist, ein Problem, dem Jürgen mit einer Handsäge zu Leibe rückt. Lampe über dem Küchentisch angebracht. Im oberen Badezimmer alte Acrylreste zwischen den Fliesen und dem Fußboden entfernt. Draußen schafft es Jürgen den Bambus, der sich den Garten untertan machen wollte, auszugraben, derweil ich die Rosenstöcke beschneide und anbinde.

Sonnabend, 18. August: Verpackungspappe, Gartengrünzeug und Abfall entsorgt. Straße gekehrt. Dann endlich Urlaub gemacht (Schiffsausflug zum Eidersperrwerk)!

Sonntag, 19. August: Abreise nach Dortmund.

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26. Oktober bis 4. November 2007

Noch ist viel zu tun in uns Huus, und so nutzen wir den kommenden Feiertag und verbringen bei nur vier Urlaubstagen – einer davon Überstundenausgleich – acht Tage auf unserer Baustelle. Zum Arbeiten bleiben nur vier, denn am Mittwoch erwarten wir Besuch aus Australien. Mien Deern protokolliert den Ablauf auf einem Spiralblock, den ich nun zu entziffern versuche:

Sonnabend, 27. Oktober: Es war schon dunkel, als wir gestern Abend ankamen, das Auto bis unters Dach bepackt. Heute nervt mich erst einmal die hängende Klinke an der Badezimmertür, was soll Australien von uns denken? Frisch ans Werk, gleich nach dem Frühstück fahren wir zu Basti und kaufen ein neues Schloss. In der Folge zeigt mein Liebster ungeahnte handwerkliche Qualitäten: unter Verwendung nicht unerheblicher Mengen Holzpaste von Clou gelingt es ihm, das Ding so einzubauen, dass sich die Tür nicht nur schließen, sondern sogar abschließen lässt. Und auch noch gut aussieht! Am Nachmittag rücken wir dem wilden Wein an der Rückwand zu Leibe, der versucht uns Huus in Besitz zu nehmen.

Sonntag, 28. Oktober: Die Sonne scheint. Wir pflanzen die aus Dortmund mitgebrachten Blumen ein, die immer noch in ihren Töpfen vor der Tür auf den versprochenen Garten warten – vermutlich haben sie ihn sich größer vorgestellt. Anschließend bauen wir die Nachttische für Captain’s Bedroom zusammen und gehen Essen.

Zurück aus dem Goldenen Anker, gefällt mir unten in der Wohnung das Arrangement der Teppiche nicht. Wir tauschen den in der Diele mit dem im Wohnzimmer. Das macht sich besser. Nun noch die Stehlampe fürs Wohnzimmer zusammengeschraubt. Ein bisschen wackelig ist das Ding, bei Ostermann im Laden war uns das gar nicht aufgefallen. Ob das Ausstellungsstück besser verarbeitet war? Wussten die, das wir zum Umtauschen fünfhundert Kilometer fahren müssen? Wir lassen sie erst einmal stehen.

Montag, 29. Oktober: Zurück aus Husum. Wir haben wieder einmal die Baumärkte leergekauft, dazu bei Tejo einen Teppich für das Zimmer der Crew erworben. Der Heizungsmonteur kommt und bringt in der Diele einen Thermostaten mit Zeitschaltuhr an, Kostenpunkt rund 200 Euro. Weitere Schraub- und Anschraub-Aktionen in Eigenregie: Spiegel im Bad oben, Deckenlampe und Wandlampen in Captain’s Bedroom, Wandbord im Zimmer Captain’s Daughter (Geburtstagsgeschenk von Gisela).

Dienstag, 30. Oktober: Fliesen für die Appartementküche bei Christiansen in Milstedt bestellt. Es war schon immer etwas teurer, den Geschmack einer Frau zu haben, meint Jürgen. Dafür kriegt die Frau das teure Holzpflegemittel fürs Parkett bei Topp Boss für lau – nachdem sie uns in ihrer Datenbank als Parkett-Käufer vom Frühjahr ausgemacht hatten.

Schlafempore, © 2010 Juergen KullmannMittwoch 31. Oktober: Gegen Mittag trifft der Besuch aus dem Rheinland ein, Cousine Angelika mit einer Freundin, ihrer 16-jährigen Tochter und Jemima, eine australische Austauschschülerin. “Welcome in the northernmost part of Germany”, die Begrüßung wurde schon einmal verstanden, mal gespannt, wie das mit dem Englisch so weitergeht. Wir wollten die Mädels mit ihren Luftmatratzen im noch leeren Appartement unterbringen, doch sie entdecken etwas, was ihnen viel besser gefällt: die Empore über dem Appartement mit dem Bullauge, durch das vermutlich unser Hausgeist Nis Puk ein und aus geht, wenn er sein Krähentaxi bestellt hat. Die Mädchen kommen die Treppe heruntergerast: “Booaah, ist das toll da oben, dürfen wir dort nicht schlafen?” “Well then, if you like it, wenn’s euch Spaß macht …”

Spaziergang an der Eider. Das Himmel mehr grau als blau, der Strom bei ablaufender Tide eher matschig als imposant, doch Australien wirkt keineswegs enttäuscht und findet alles “great and lovely”. Ehrlichkeit, oder gute Kinderstube und Erziehung? Sie erzählt von ihrer Schule Down Under – da herrschen Zucht und Ordnung: Ihre Lehrerin sieht bei einer Kirmes zwei Mitschülerinnen neben zwei unbekannten, Bier trinkenden Jugendlichen auf einer Bank sitzen und sich mit ihnen unterhalten. Ein Skandal: Eine Konferenz wird einberufen, die beiden Schülerinnen abgemahnt, die Eltern herbeizitiert und ermahnt, besser auf ihre Sprösslinge aufzupassen.

Was gab es heute sonst noch? Irgendetwas Beeindruckendes muss noch gewesen sein, auch wenn ich mich nicht daran erinnere. Denn bevor Jemima mit ihrer deutschen Freundin auf die Schlafempore huscht, kommt sie ins Wohnzimmer und bedankt sich “für den wunderschönen Tag”.

Donnerstag 1. November: Unsere Gäste fahren mit der jungen Australierin in die Dünentherme nach Sankt Peter-Ording, wir zum Wochenmarkt nach Husum. An einem Stand lassen wir eine Tasse mit dem Namen Jemima gravieren und stellen ihn ihr zum Dinner auf den Tisch. Und bevor sie an diesem Abend auf ihre Schlafempore klettert, kommt sie noch einmal ins Wohnzimmer und bedankt sich für den wunderschönen Tag.

Freitag 2. November: Fahrt in den Westküstenpark von St. Peter-Ording mit Seehundfütterung – Marsch über die Sandbank bei Wind und Wetter – Besuch des Bernsteinmuseums. Der Inhaber ist stolz, für Australien eine Führung in englischer Sprache anbieten zu können – Heißer Apfelstrudel im Café im Dorf. Und bevor sich Jemima an diesem Abend zum Schlafen begibt, kommt sie noch einmal ins Wohnzimmer und bedankt sich für den wunderschönen Tag.

Sonnabend 3. November: Unsere Besucher sind beim König der Löwen in Hamburg, wir haben frei. Erst in der Nacht sind sie zurück, und wir dürfen uns die CD mit Musik aus dem Musical anhören, die Jemima erstanden hat. Wir versuchen, wach zu bleiben. Dann bedankt sie sich für den wunderschönen Tag, und die Mädels ziehen sich auf ihre Schlafempore zurück.

Sonntag 4. November: Abreisetag, wir nach Dortmund und unsere Gäste ins Rheinland, wo in der kommenden Woche Jemimas Eltern aus Australien eintreffen, um mit ihrer Tochter vor dem Rückflug noch eine Tour durch Süddeutschland zu machen. Schloss Neuschwanstein steht auf dem Programm. Pech für das Schloss, nach den Tagen in uns Huus dürfte es kaum noch Eindruck auf die junge Australierin machen. Wir waschen unsere Hände in Unschuld.

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Sonnabend, 22. Dezember 2007

Im südlichen Niedersachsen geraten wir in einen Märchenwald: der Himmel ist blau und klar, und Raureif glitzert auf den Wiesen und Bäumen längs der Autobahn. Trüb soll das Wetter in Deutschland sein, hören wir im Radio, bis auf einige Auflockerungen in Niedersachsen. Durch eine davon fahren wir seit einer Stunde.

Mehr als ein Jahr ist es her, dass ich zum letzten Mal bei einem Nordfrieslandbesuch Tagebuch geschrieben habe. Derweil sind wir oft diese Strecke gefahren, und viel ist passiert. Doch was weiter oben über diese letzten fünfzehn Monate geschrieben steht, wurde erst in den vergangenen Tagen mit Hilfe von Briefen, Rechnungen, Quittungen, Merkzetteln und zwei Spiralblöcken, auf denen wir uns dann & wann Notizen gemacht hatten, aus der Erinnerung zu Papier gebracht. Wir haben ein Haus gekauft, ‘uns Huus in Tönning’, und renoviert – eher renovieren lassen. Einiges fehlt noch, doch nun verbringen wir unseren ersten Jahreswechsel im eigenen Haus.

Hinter dem Elbtunnel ist Schluss mit dem Märchenwald. Der Himmel wird grau, die Bäume und Wiesen verlieren ihr Weiß. Auf dem Nord-Ostsee-Kanal verliert sich ein Schiff im Dunst.

Gegen eins erreichen wir nach viereinhalb Stunden Fahrt Tönning – so schnell waren wir noch nie. Wir räumen das Auto leer und schieben alles in die Diele, darunter die Einzelteile einer für das Zimmer ‘Crew’ vorgesehenen, noch zu montierenden blauen Kommode. Der Karton hatte nicht ins Auto gepasst, und so mussten wir die Teile herausnehmen und einzeln verstauen. Hoffentlich fehlt morgen beim Zusammenschrauben nichts! Uns wundert, wie warm es im Haus ist, obwohl die Heizung auf ‘Nachtabsenkung’ steht. Da stimmt wohl etwas mit der Einstellung nicht. Die nächste Gasabrechnung lässt grüßen und EON Hanse bedankt sich.

Tönning, © 1998 Juergen Kullmann
Tönning, Eiderpromenade, © 2007 Juergen Kullmann

Im Auto ist nun wieder Platz und wir kaufen Lebensmittel ein, um über die Feiertage nicht zu verhungern. Rund 90 Euro lassen wir im Sky-Markt, ein paar Flaschen Wein inbegriffen. Zurück im Haus wird die Diele freigeräumt und der Inhalt der dort abgestellten Kartons auf die Zimmer und Schränke verteilt, für die er vorgesehen ist. Das dauert eine ganze Weile und endet im Appartement, unserem künftigen Refugium, wenn Feriengäste in der Hauptwohnung sind. Wir legen eine Pause ein, besichtigen das in unserer Abwesenheit gelieferte Sofa und bewundern die maßgeschneiderte Küche, von der wir bislang nur die Rechnung kannten. Mien Deern strahlt bis über beide Ohren und ist so begeistert ob der Ausführung ihres Konzepts, dass ich mir wünsche, ich wäre der Schreiner, der das alles fabriziert hat. If I were a carpenter, and you a lady …

Doch jetzt mit einer Flasche Wein runter in die große Küche und Spaghetti gekocht. Es knurren die Mägen, denn seit dem Frühstück sind fast acht Stunden vergangen. Und während wir speisen, leuchten auf den Fensterbänken zur Deich- und Süderstraße die zuvor aufgestellten Weihnachtspyramiden. Fanden wir dergleichen in Dortmund nicht immer kitschig? Nis Puk wollte das so, informiert mich mien Deern, und dem darf man nicht widersprechen! Uns Huus zeigt sich auch zufrieden.

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Sonntag, 23. Dezember 2007

Ein arbeitsamer Tag geht zu Ende. Mien Deern hat Buch geführt und ich folge ihren Notizen, beginne mit der Geschichte der Lampe unten im Dielenzimmer. Eine lange, am Ende aber doch endliche Geschichte mit Happy End.

Die erste Lampe hing dort an einem der letzten Oktobertage. Nach einer halbstündigen Anbring-Aktion für etwa zwei Minuten. Dann wurde die Funzel mit Trauerhallenlicht wieder demontiert und zwei Wochen später an ein willfähriges Opfer verschenkt.

Die zweite Lampe hing dort gar nicht. Nach ihrem Erwerb im Hellweg-Baumarkt durch einen der beiden Hausbesitzer zeigte der zweite nach dem Auspacken so wenig Begeisterung, dass sie sich wieder in ihren Karton verkroch, wo sie in der Hoffnung auf eine künftige Verwendung immer noch hockt. Nis Puk* würde die Lampe nie akzeptieren, hatte der harsche Kritiker gemeint. Also zog man einige Tage später noch einmal los und einigte sich auf ein drittes Modell, das seit heute an der Decke hängt und alle drei (Nis Puk, Hausbesitzer I, Hausbesitzer II) zufrieden stellt.

Das war die erste Aktion des Tages, es folgte die gleichfalls fast unendliche Geschichte von einer blauen Kommode auf der Suche nach einem Zuhause, eine Suche, die am frühen Nachmittag mehr oder weniger happy vis-à-vis der (noch nicht vorhandenen) Waschmaschine endete. Vorgesehen für das blaue Zimmer der ‘Crew’, wirkte sie in dem kleinen Raum zu wuchtig. Könnte sie nicht in den Hausflur passen, hinter den Rundbogen? Wir probieren es. Nein, da will sie nicht hin, nur ein elfengleiches Wesen wie mien Deern käme dann noch an ihr vorbei in den ‘Weinkeller’ unter der Treppe. So landet das gute Stück im Waschmaschinenraum neben der Heizung. Dass dort aufgeräumt wurde und nun Platz ist, ist allein ihr zu verdanken. Als Stauraum für die Bettwäsche der Feriengäste werde man sie noch schätzen lernen, prophezeit sie.

Anschließend werden die beiden Küchenfenster geputzt. Cousine G., die Anfang des Monats für eine Woche hier residierte, hatte die mangelnde Durchsichtigkeit selbiger beanstandet, jedoch keinen Ansatz zur Lösung des Problems gefunden.

*  *  *

Bei auflaufendem Wasser liegt ein rosafarbener Schleier über dem Strom, während die Sonne im Westen untergeht. Mit aller Kraft – soweit es die Abendschicht in der Steuerzentrale des Eidersperrwerks gestattet – drängt die Nordsee in den Fluss hinein und bergauf nach Friedrichstadt. Schwimmt da nicht etwas in der Flut, eine kleine Bugwelle vor sich her schiebend? Hin und wieder taucht etwas schwarz glänzendes auf, der Kopf eines Seehundes? Ein anderer Spaziergänger kommt uns entgegen und schließt sich dem Spekulieren an. Da naht ein Einheimischer, der wird es wissen! Das tut er – und vermag über uns Touristen nur zu schmunzeln. “Eine Boje”, klärt er uns auf.

Zum Abendessen gibt es Kartoffelsalat und Gehacktesbällchen mit eingearbeitetem Fetakäse. Es wird so viel, dass es auch noch für morgen reicht.

* Es versteht sich von selbst, dass die Meinung von Nis Puk nicht zur Diskussion steht. Sein Wort ist Gesetz. Allenfalls lässt sich darüber diskutieren, ob jemand Nis Puk falsch verstanden hat.

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Weihnachtstage in uns Huus

Über die Weihnachtstage lag das Tagebuch geschlossen auf dem Sekretär. Ich versuche zu rekapitulieren, wie wir sie verbracht haben. Ein paar Notizen, festgehalten auf einem Spiralblock, helfen mir auf die Sprünge.

Montag, 24. Dezember: Wir heiligen den Morgen, indem wir die drei Fenster des Wohnzimmers putzen. Dann geht die Fahrt ins Gewerbegebiet von Husum: Gardinenstangen und zwei weitere Weihnachtspyramiden stehen auf der Einkaufsliste. Der Besuch einer Drogeriekette schließt sich an. Das reicht, es wird Zeit, sich auf den Heiligen Abend einzustimmen.

Es dunkelt schon über dem Binnenhafen, als wir vom Parkplatz hinter dem Rathaus über die Schiffbrücke kommen. Das schwimmende Hafencafé Nordertor ladet weihnachtlich illuminiert zu Kaffee und Kuchen ein. Die Himbeer-Sahnetorte ist etwas für echte Slickermüler! Im Bauch des Schiffes sitzen nur wenige andere echte Schleckermäuler, ob wir heute die letzten sind? “Ganz gewiss nicht”, widerspricht die Kellnerin, “die kommen noch.” Am Heiligabend sei hier mehr los als an manch anderem Tag, verrät sie, aber noch sei ja Heilignachmittag.

Weihnachtsengel, © 2011 Juergen KullmannWir fahren heim und bauen unsere Krippe auf, bewacht von Erik, dem Weihnachtsengel. Einst hatte er als Schutzengel für Saatgut gearbeitet, doch wenn er die Arme ausbreitete und “Fürchtet euch nicht” rief, kamen umso mehr Krähen, so dass seine Kollegen auf dem Felde meinten, sein Handeln sei eher kontraproduktiv. Er solle mal auf Weihnachtsengel umschulen, da könne er den Spruch besser anbringen. Das tat er dann auch, und nach seiner Miene zu urteilen fühlt er sich ganz wohl in dem neuen Job – ein gewisser Abstand zum Kaminofen vorausgesetzt.

Am Abend ein Spaziergang durch den Ort, der in der katholischen Kirche endet. “Kommt her, all ihr Gläubigen …” – viele sind es nicht, und kein Organist erbarmt sich der Tönninger Diaspora. Der für die beiden katholischen Kirchen Eiderstedts bestellte Pastor hält die Weihnachtsmesse bei den Touristen von St. Peter-Ording und hat uns einen älteren, hier urlaubenden Kollegen geschickt, mit einer Predigt, die er, so wie sie klingt, schon seit fünfzig Jahren alljährlich zu Weihnachten hält.

Chronist, © 2007 Juergen KullmannDienstag 25. Dezember: Ein Spaziergang über die Sandbank von St. Peter Ording, die kleine, kompakte Digitalkamera, die gestern Abend unter der Krippe lag, ist mit dabei. Zum Einüben in die digitale Fotografie, meint mien Deern, nachdem ich kürzlich darüber geklagt hatte, dass die Auswahl an guten Diafilmen zunehmend schrumpft und sie mitunter nur noch im Versandhandel zu bekommen sind. Wir speisen im Dorf, statten dem Leuchtturm von Westerhever einen Besuch ab, und nun sind wir wieder in uns Huus.

Mittwoch 26. Dezember: Der Alltag hat uns wieder, doch immer noch macht es Spaß, das Haus einzurichten. Ich fasse zusammen:

Gardinenstange im Flur des Obergeschosses angebracht +++ ‘Fisch angeschraubt’, steht auf dem Notizblock. Was für ein Fisch? Die Hakenleiste in Form eines Fisches im Zimmer der Crew, erinnert sich mien Deern. +++ Konzept für die Kaschierung des Stromzählers im Flur geändert. Die Idee einer Vorhangstange von Wand zu Wand in der Nische vor dem Kasten wird verworfen, als wir merken, dass die gegenüberliegenden Wände nicht parallel zueinander stehen. Vielleicht findet sich eine andere Verwendung für die bereits gekaufte Stange. Statt dessen bringen wir eine Schiene unter der Decke an, bei der die unterschiedlichen Winkel rechts und links nicht stören. +++ Geschirr und Gläser fürs Appartement gespült und eingeräumt.

Das Mittagessen: Lammlachse mit Rosenkohl und zum Nachtisch Irish Whiskey Cake.

Donnerstag 27. Dezember: Die Haustür lässt sich zwar zuziehen, der Schlüssel aber nicht mehr umdrehen. Nach einem Anruf bei der Tischlerei verspricht der zweite stellvertretende Bürgermeister von Vollerwiek, sich der Sache heute Nachmittag anzunehmen. Bis dahin haben wir noch Zeit nach Husum zu fahren, um den nächsten Baumarkt leerzukaufen. Zu den Einkäufen gesellt sich vom Dänischen Bettenlager ein Kleider- und Wäscheschrank für das Zimmer der Crew, anstelle der blauen Kommode, die im Waschmaschinenraum ihre Bestimmung gefunden hatte.

Gegen 15 Uhr sind wir wieder im Haus und machen uns über die Reste des gestrigen Dinners her. Dann kommt der Tischler und repariert die Haustür. Völlig kostenlos, vielleicht, weil er sie im Herbst gegen Zugluft abgedichtet hatte. Da lassen wir uns nicht lumpen und geben gleich noch einen Schrank für den schrägen Winkel im Appartement in Auftrag.

Freitag 28. Dezember: Weitere Fortschritte bei der Hauseinrichtung: Wäscheschrank im Zimmer der Crew aufgebaut +++ Garderobenhaken in Captain’s Bedroom und Wanduhr in der Küche angeschraubt +++ Saum des Vorhangs vor der Stromzähler-Nische umgenäht und den Vorhang aufgehängt.

Am Abend kommen die W***s auf ein Glas Wein zu uns herüber. Sie hatten uns vor einem Jahr auf das Haus aufmerksam gemacht, und wir zeigen ihnen stolz, was wir daraus gemacht haben.

Sonnabend 29. Dezember: Ein Hund und seine große Liebe. Mien Deern kommt mit den Frühstücksbrötchen und erzählt von einem großen Labrador mit einem kleinen Teddy, dem sie beim Mühlenbäcker begegnet war:

“… der Hund trug den Frottee-Teddy ganz vorsichtig am Arm und schaute mich an: ‘Klaut die den, tut die ihm weh, oder ist die lieb?’ Dann lief er weiter zum Eingang und suchte eine trockene Stelle, wo er seinen Teddy ganz vorsichtig ablegte, umsichtig in die Runde schauend, ob da auch niemand war, der ihm etwas zu Leide tun konnte.”

Wir sind unterwegs nach Heide, da blinkt die Kühlwasserleuchte. Wir haben keine Wasserflasche dabei, also zurück! Das Walten der Vorsehung, denn gleichzeitig fährt der Klempner (plattdeutsch auch ‘Schiethuskommandant’ genannt) vor, um in der Appartementküche die Armaturen anzubringen und zwei andere auszutauschen. Kostenpunkt 210 Euro. Am Abend laden wir die Nachbarn von der Süderstraße mit einem Imbiss zur Hausbesichtigung ein. Unsere in Abwandlung eines Tim-Mälzer-Rezepts komponierte Ziegenkäsetart schmeckt auch ihnen – in der zweiten Auflage, denn die erste verbrannte im Backofen.

Sonntag 30. Dezember: Wir putzen die Appartementküche, bessern mit ein paar Pinselstrichen beim Einbau entstandenen Macken an Wänden und Balken aus. Ich bin erkältet, doch das schöne Wetter lockt zu einen Spaziergang an die Eider, auch wenn die Nase tropft. Am Abend gibt es Curryhuhn.

Montag 31. Dezember: Die letzte Chance, in diesem Jahr Geld auszugeben. Der Parkplatz vor dem Sky-Markt im Gewerbepark von St. Peter-Ording weist uns ab. Wir fahren weiter und lassen 170 Euro im Dänischen Bettenlager, u.a. für zwei weiße Holzstühle mit braunem Geflecht, die ins Zimmer der Crew sollen. Nach einer Stippvisite beim Lidl geht es nach Bad St. Peter-Ording. Haufen Volks, Haufen Volks – ob hier im Hochsommer noch mehr los ist? Wir spekulieren darüber bei Cappuccino und Apfelstrudel.

Rummelpott, © 2007 Juergen KullmannWieder daheim werden die beiden Stühle zusammengeschraubt. Da klingelt es an der Haustür:

     Fruk, mag de Dör op, de Rummelpott well rin!
     Da kümmt een Schipp ut Holland, de hett keen gooden Wind.
     Schipper, wist du wieken,
     Bootsmann, wist du strieken,
     Sett de Segel opp de Topp
     Und giff mi wat in’n Rummelpott.

Die Rummelpotter sind da, die hatten wir völlig vergessen! Rasch eine Tüte mit Süßkram gefüllt und in den Rummelpott gegeben, auf dass sie weiterwandern und uns mit einem Spaziergang um den Hafen ins neue Jahr ziehen lassen.

*  *  *

Und damit bin ich am Ende der fragmentarischen Notizen über den ersten Jahreswechsel in uns Huus angelangt. Wir blieben noch ein paar Tage, brachten dieses und jenes an, räumten da und dort auf, entsorgten eine alte Klampentür und die Verpackungskartons der zusammengebauten Möbel, wanderten über den Eiderdeich und schauten von unserer Bank in Vollerwiek und an anderen Orten aufs Meer. An einen Jeansverkäufer von C.J. Schmidt in Husum erinnere ich mich noch, der DAS TRÄGT MAN JETZT ABER SO! zum kategorischen modischen Imperativ erklärte und den Aspekt Bequemlichkeit als völlig irrelevant für eine Kaufentscheidung zurückwies.

Am 6. Januar des neuen Jahres fuhren wir nach Dortmund zurück, ohne meine Handschuhe, die, genervt von dem oben erwähnten Verkäufer in der Umkleidekabine von C.J. Schmidt geblieben waren. Der Versuch, sie eine Stunde später wieder einzusammeln, scheiterte. Sie hatten sich auf und davon gemacht.

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Friesisches Tagebuch: Uns Huus in Tönning
© 2007-2012 Jürgen Kullmann – Letzte Bearbeitung: 30.08.2012