Stadtrundgang Historisches Tönning |
Clarum inter Germanos
Frisiorum nomen
Cornelius Tacitus (55 – 115)
Römischer Geschichtsschreiber
„Tönningen, Hauptort der Landschaft, kleine See- und Handelsstadt an der Mündung der Eider, 5 Meilen von Schleßwig; hat einen guten sichern Haven, ist in 8 Quartiere abgetheilt, mit 15 Straßen, hat 1 Kirche, 1 lateinische, 1 Bürgerschule, 2 Armenhäuser, 1 Leihaus, 420 Wohnhäuser und gegen 2000 Einwohner, welche meist vom Handel leben.“
Theophil Friedrich Ehrmann, 1809
Tönning, historischer Hafen |
Die Eiderpromenade |
Die Eider im Winter |
Leuchtturm Westerheversand |
Witzwort, Roter Haubarg |
eute ist Tönning ein Bade- und Luftkurort an der Eidermündung und mit rund 5.000 Einwohnern die größte Stadt der Eiderstedt-
Erstmals erwähnt wurde die Stadt im Jahr 1187 als Tunnighen Haeret (Harde von Tunnighen), doch bereits im Jahr zuvor wurde die spätere St. Laurentius-
Aus „Tunnighen“ (Tun = niederdeutsch: Zaun) dürfte sich der heutige Ortsname entwickelt haben. Das hier links abgebildete Stadtwappen Tönnings verweist hingegen auf eine hübsche Legende, derzufolge einst nach einer schweren Sturmflut ein Schwan auf einer Tonne angetrieben und dies als Zeichen Gottes für das Zurückweichen des Wassers angesehen wurde.
Bis 1864 gehörte die Stadt zum dänischen Gesamtstaat, so dass es nicht wundert, dass es hier noch heute eine dänische Schule gibt. Gleichzeitig war die Eider von 1035 bis zu seinem Erlöschen im Jahr 1806 die Nordgrenze des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation, dem Tönning nicht angehörte.
Auf die Dithmarscher am südlichen Eiderufer waren die nordfriesischen Tönninger nicht immer gut zu sprechen – schließlich hatten diese die Stadt 1402 (nachdem die Eiderstedter sieben Dithmarscher Frauen geraubt und in der Tönninger Kirche eingesperrt hatten) niedergebrannt. Die Brücke, die die B 5 heute über den Fluss führt und die Halbinsel Eiderstedt mit Dithmarschen verbindet, wurde erst 1973 dem Verkehr übergeben; bis dahin musste man einen langen Umweg über Friedrichstadt machen. Das Verhältnis zwischen Dithmarschern und Nordfriesen charakterisierte der langjährige, zur Jahrtausendwende verstorbene ehemalige Leiter des Dithmarscher Landesmuseums in Meldorf Nis R. Nissen mit folgendem Witz:
“Wissen Sie, warum die Nordfriesen Deiche bauen? – Damit sie nicht ins Meer laufen, wenn sie betrunken sind. Und warum die Dithmarscher Deiche bauen? – Damit kein Nordfriese, der trotzdem ins Meer gelaufen ist, in Dithmarschen an Land kommt.”
Vielleicht aber hat es noch einen anderen Grund, dass die Dithmarscher aus Heide die Nordfriesen nicht an Land kommen lassen wollen. Nach den jahrhundertelangen Streitigkeiten versuchen diese bis heute, ihrer Seelen habhaft zu werden, und verkaufen sie, wenn ihnen das gelingt, montags am Rande des Tönninger Wochenmarktes. Doch reich können die Tönninger Seelenverkäufer bei € 1,69 pro Stück damit wohl nicht werden.
Die einstige Kreisstadt mit ihrem historischen Hafen ist ein guter Ausgangspunkt, um die Halbinsel Eiderstedt mit der großen Sandbank von St. Peter-
Wer sich für historische Kirchenbauten interessiert, findet in Eiderstedt mit achtzehn zu neun Gemeinden gehörenden Kirchen so viele in einem so kleinen Umkreis wie in kaum einer anderen Region. Glaubt man der Eiderstedter Chronik von 1104 bis 1547, begann die Geschichte dieser Kirchengemeinden vor 900 Jahren mit einem Mord. Demnach hatten im Jahr 1113 die Männer der Familie Boyens in Garding ihren Kirchenherrn Harmen Lütke erschlagen, weil er zu spät zum Gottesdienst kam. Darauf entzog man ihnen das Vorschlagsrecht zur Besetzung der Pfarrstelle, und es wurden sechs Kapellen gebaut, aus denen sich die heutigen Gemeinden entwickelten. Eine schöne Geschichte, doch war es vermutlich mehr der aufkommende Reichtum auf der Halbinsel, der dazu führte, dass jedes Dorf seine eigene Kirche haben wollte. Auch waren wegen des unwegsamen Geländes lange Fußmärsche zu den Gottesdiensten nicht machbar.
Will man auf das Auto verzichten, ist man mit der Eisenbahn in 25 Minuten in St. Peter-
In Tönning ist mit dem 1999 eröffneten und 2003 durch ein Walhaus mit dem 17,5 m langen Original-
Was spricht sonst noch für Tönning? Vielleicht, dass der Engländer Edward Frederick Knight, als er im Jahr 1887 auf einer Segelreise in der Stadt an der Eidermündung an Land ging, „sehr beeindruckt von den gebildeten jungen Frauen des hübschen alten Städtchens Tönning“ war. Sein Reisebericht findet sich in der Bibliothek von uns Huus. Sechs Jahre zuvor, im Juni 1881, legte der Franzose Jules Verne mit seiner Dampfyacht St. Michel im Hafen von Tönning an und deckte sich für die Weiterfahrt die Eider hoch und durch den alten Eiderkanal in die Ostsee mit Proviant ein.
Uns Huus in Tönning 2011 |
Deichstr. 1911. Quelle: AK-Archiv Peter Krüger |
Uns Huus, ein denkmalgeschütztes Stadthaus aus dem vorletzten Jahrhundert, das noch viel von seinem historischen Charme bewahrt hat, liegt in zentraler und zugleich ruhiger Lage in der Deichstraße No. 5. Von hier aus ist man zu Fuß in fünf Minuten am Hafen oder an der Eiderdeich-
Und wenn Theophil Friedrich Ehrmann in seiner oben zitierten einleitenden Bemerkung aus dem Jahr 1809 auch nichts von Gasthäusern schreibt, findet man heute doch genug davon – auch wenn es weniger als die 51 Schankwirte sind, von denen um das Jahr 1840 der damalige Bürgermeister Friedrich Wolfhagen in seiner Beschreibung der Stadt berichtet. Eine Auflistung von Restaurants, in denen man heute in Tönning essen und trinken kann, findet man hier bei Wikivoyage.
Wer dann aus dem Urlaub nach Hause kommt und seine Freunde ein wenig rätseln lassen will, erzählt Ihnen, dass er ihn auf der Cimbrischen Halbinsel zwischen dem Mare Frisicum und der Baltischen See, verbracht hat. Oder auch an der Südsee – denn so wird die Nordsee von den Grönländern genannt.